5 Denkanstöße: Wie klappt der nachhaltige Küchenkauf?

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Wer sich beim Kauf einer umweltfreundlichen Küche nicht mit Zukunftsversprechen und Zertifikaten zufrieden geben will, tut sich schwer, in der hiesigen Küchenindustrie fündig zu werden. Aktuell gibt es keine 100% grüne Lösung – wohl aber gute Ansätze in der Industrie. Dabei sollten Konsumentinnen und Konsumenten zunächst ihr eigenes Handeln durchdenken. 5 Denkanstöße für einen nachhaltigeren Küchenkauf.

Tipp: Lesen Sie hier zunächst Teil I unserer Serie. „Die recycelte Küche – sieht doch ganz gut aus.“

Second Hand kaufen? Das kennt man von Kleidung, Möbeln, Schallplatten und Smartphones. Bei Autos ist es der Gebrauchtwagen, bei Büchern die Tauschbörse. Nur in Zusammenhang mit Küchenmöbeln hat noch niemand den Begriff „Second Hand“ angestoßen, um einen nachhaltigen Küchenkauf zu erleichtern.

„Second Hand“ für einen nachhaltigen Küchenkauf: wiederaufbereitete Materialien

Warum eigentlich nicht? Was vormalig den Anklang von etwas Abgelegtem oder Abgenutztem hatte, wird immer öfter für klimafreundliche Ressourcen genutzt. „Second Hand“, also aus zweiter Hand, bedeutet nicht mehr automatisch, ein bereits genutztes Objekt zu erwerben. Die Bezeichnung kann durchaus auch suggerieren, dass hierfür wiederaufbereitete Rohstoffe und Materialien genutzt werden, die sich hochwertig weiterverarbeiten lassen. Die gängigsten Küchenmaterialien, darunter Holz, Glas, Metall und Stein, eignen sich hervorragend für eine nachhaltige, „zweite“ Nutzung. Selbst Kunststoff lässt sich bei fachgerechter Trennung wiederverwerten – und erzeugt bei Weiterverwendung eine weitaus bessere Klimabilanz.

Zugegeben: Das Angebot in der deutschen Küchenlandschaft ist (noch) rar. Im ersten Teil unserer Serie zur „recycelten Küche“ haben wir zusammengetragen, welche Hersteller bereits jetzt aufbereitete Rohstoffe nutzen, um klimaneutrale Küchen zu produzieren. Selbst in der Elektrogeräte-Industrie ist inzwischen Bewegung drin: Da gilt nicht mehr nur die Energieeffizienzskala als das Maß aller Dinge, sondern auch die Geräte sollen selbst möglichst nachhaltig produziert und am Ende ihres Lebenszyklus recyclebar sein.

Dennoch muss, wer einen Second Hand-, Recycling- oder zumindest nachhaltigen Küchenkauf anstrebt, sorgfältige Recherchearbeit betreiben – und sich nicht zuletzt auch selbst hinterfragen. Wie viel ist man bereit, für die „grüne Küche“ zu zahlen? Wir haben einige Gedanken zusammengetragen, die für einen nachhaltigen Küchenkauf wichtig werden.

Schon klar: Plastik sollte, so gut es geht, vermieden werden in der nachhaltigen Küche. Aber was kann man sonst noch tun? (Foto: Karina Tess)
Schon klar: Plastik sollte, so gut es geht, vermieden werden in der nachhaltigen Küche. Aber was kann man sonst noch tun? (Foto: Karina Tess)

5 Denkanstöße für einen nachhaltigen Küchenkauf

1 – Nachhaltiger Küchenkauf: First Mover

Aller Anfang ist schwer. Dieser Satz dürfte so ziemlich jedem Pionier entgegengeschlagen sein, der sich an einer Sache neu versucht hat. Das gilt sowohl für Küchenkonsumenten als auch für Hersteller und Händler – und bedeutet: Bringen Sie Verständnis mit. Einige Küchenproduzenten sind bereits auf gutem Wege oder verfolgen die besten Absichten, um nachhaltige Küchen zu schaffen. So ganz ohne CO2-Ausstoß geht das aber noch nicht vonstatten. Immerhin bieten erste Küchenhersteller bereits Modelle an, die zu 90 Prozent aus recycelten Materialien bestehen.

Für Kundinnen und Kunden, die einen nachhaltigen Küchenkauf anvisieren, bedeutet die Pionierarbeit nichts anderes, als Kompromisse schließen zu müssen. Eine Küche könnte beispielsweise aus aufgearbeitetem Altholz bestehen und dafür eine neue – und immerhin recyclebare – Keramikarbeitsplatte erhalten.

Vielleicht lautet die Erkenntnis aber auch, dass es den gewünschten Grad an Nachhaltigkeit noch nicht gibt im Küchensegment – dann kann die Lösung im „Aufmöbeln“ einer bestehenden Küche liegen, was durch das Austauschen von Fronten und Oberflächen geschieht. Auch das Nachhaken beim Produzenten selbst kann zu einem Umdenken führen, wenn sich dazu vermehrt Endverbraucherinnen und -verbraucher entschließen. So oder so: ein wenig ungemütlich dürfte es als First Mover schon werden.

First Mover? Na dann mal los: Für einen nachhaltigen Küchenkauf muss man recherchieren und hinterfragen - und das möglichst früh im Prozess. (Foto: Ivan Samkov)
First Mover? Na dann mal los: Für einen nachhaltigen Küchenkauf muss man recherchieren und hinterfragen – und das möglichst früh im Prozess. (Foto: Ivan Samkov)

2 – Nachhaltiger Küchenkauf: Der Preis ist heiß

„Second Hand“ bedeutet automatisch sparen? Nicht so beim nachhaltigen Küchenkauf: eine regionale Produktion, zertifiziertes Holz, maßvolle Mengen anstelle eines industriellen Großauftrags – all das kostet erheblich mehr Geld als die bisherigen Produktionsverfahren für Küchen. Derzeit ist die Nachfrage nach kompromisslos „grünen“ Küchen noch zu gering, weshalb sich nur wenige Hersteller an das Thema herantrauen. Entsprechend hoch ist der Einsatz von Industrie- und Händlerseite, dieses Angebot zu unterbreiten. Fragen Sie sich selbst, wie viel Sie für eine durch und durch ökologische Küche bereit wären zu zahlen.

Eine moderne Küche, die qualitativ hochwertig und damit auch langlebig ist, ist selten unter zehntausend Euro zu haben. Nur durch entsprechenden Materialeinsatz ziehen auch echte, regional verarbeitete Produkte in den Küchenraum ein, die weder Plagiat noch Plastik sind.

Geld einsparen beim nachhaltigen Küchenkauf lässt sich hingegen durch den Erwerb einer Ausstellungsküche. Regionale Fachhändler wechseln alle paar Jahre ihre Küchenmodelle, um ihre Ausstellung auf dem neuesten Stand zu halten. Von den stark reduzierten, aber neuwertigen Küchen profitieren findige Käuferinnen und Käufer. Jeder Küchenraum kann individuell auf die persönliche Wohnsituation umgeplant werden.

Was darf die nachhaltige Küche kosten? Recycelte Materialien und ökologische Produktionsprozesse sind teuer - das muss auch "Second Hand"-Shoppern bewusst sein. (Foto: The Kitchen Club)
Was darf die nachhaltige Küche kosten? Recycelte Materialien und ökologische Produktionsprozesse sind teuer – das muss auch „Second Hand“-Shoppern bewusst sein. (Foto: The Kitchen Club)

3 – Nachhaltiger Küchenkauf: Regional kaufen

Kennen Sie das Zögern vorm Obst- und Gemüseregal im Supermarkt, bei dem man sich fragt, ob man nun bevorzugt saisonal, regional oder bio einkaufen sollte – und warum nicht einfach alles auf einmal geht? Ähnlich müssen sich Konsumentinnen und Konsumenten künftig beim nachhaltigen Küchenkauf entscheiden. Lokale Hölzer, wie sie beispielsweise Tischlereien gerne nutzen, stammen aus heimischen Bestand, sind aber nicht immer FSC- oder PEFC-zertifiziert. Mit diesen Siegeln wird angezeigt, ob ein Wald nachhaltig bewirtschaftet und aufgeforstet wird, sodass er trotz Abholzung gesund nachwachsen kann.

Andere Hölzer wiederum tragen diese Siegel, legen aber einen weiten Weg zurück, bevor sie hierzulande verarbeitet werden können: Holz für die deutsche Möbelproduktion stammt nämlich nicht nur aus heimischen Gefilden, sondern wird ebenfalls aus Skandinavien, Polen, Tschechien oder sogar den USA importiert – und vormalig auch zu großen Teilen aus Russland. Wenn die Rohstoffe im deutschsprachigen Raum eintreffen, haben sie also einen langen Weg – und damit auch einen erschreckend hohen CO2-Fußabdruck – angesammelt.

Nicht alle Hölzer, die zur deutschen Möbelproduktion genutzt werden, haben einen grünen Fußabdruck. (Foto: Grant Durr)
Nicht alle Hölzer, die zur deutschen Möbelproduktion genutzt werden, haben einen grünen Fußabdruck. (Foto: Grant Durr)

Küchenhersteller halten sich bislang weitestgehend bedeckt, was Bezug und Verarbeitung ihrer Materialien angeht. Oftmals kann man im Nachhaltigkeitsbericht nur lesen, es handle sich um „zertifizierte Rohstoffe“. Unklar ist, woher genau das Holz stammt.

Es lohnt sich also, für einen nachhaltigen Küchenkauf oder eine Küche aus Alt- und Recyclingholz regional aktiv zu werden. Achten Sie auf kleine Familienunternehmen wie z.B. Rempp Küchen aus dem Schwarzwald, die ihre Küchen konsequent am heimischen Standort fertigen. Ebenfalls nachhaltig ist die Zusammenarbeit mit lokalen Schreinereien bzw. Tischlereien, die die gefertigten Küchen direkt im Umfeld ausliefern. Auch bei einem kleinen Exklusivstudio gelangt man schneller an Informationen als im großen Möbelhaus: Sprechen Sie Ihr Küchenstudio doch einfach mal an, was die dort geführten Marken für Nachhaltigkeit tun.

4 – Nachhaltiger Küchenkauf: Bewusst Materialien auswählen

Second Hand? Wohl eher „second life“: Wiederaufbereitete Materialien zeigen in der Regel keine Gebrauchsspuren an, sondern werden so verarbeitet, dass sie neuwertig wirken – oder charismatische „Spuren von Alter“ beinhalten. Das trifft beispielsweise auf Altholz zu, das durch den gehypten Industrial Style im Küchenraum in den vergangenen Jahren stark an Beliebtheit und Nachfrage zugelegt hat. In Kombination mit zeitlosem Stahl und puristischem Stein wirkt das grobe Holz mit seinen Astlöchern und der individuellen Maserung so ungezähmt wie warmherzig. Auch im alpinen Küchenstil trägt Altholz entscheidend zur Gemütlichkeit im Küchenraum bei – und stammt nicht selten aus regionalen Kuhställen, von Weidezäunen oder Holzresten, die in der Forstwirtschaft abgefallen sind.

Auch Glas hat die wunderbare Eigenschaft, zu 100% recyclebar zu sein und sich im Kreislauf unkompliziert wiederaufbereiten zu lassen. Der Küchenbauer Valcucine arbeitete vor Jahren schon an der zu 100% recycelbaren Glasküche, deren Korpus lediglich aus zwei Materialien besteht: Glas und Aluminium. Durch mechanisch greifende Spannungen ist hier kein Klebstoff nötig. Und: auch Alt-Aluminium lässt sich wiederverwerten und spart durch sein leichtes Gewicht in der Produktion überdies Energiekosten ein.

Mit der zu 100% recycelbaren Glasküche schuf der italienische Küchenproduzent Valcucine ein Kunstwerk - und einen Denkanstoß. (Foto: Valcucine)
Mit der zu 100% recycelbaren Glasküche schuf der italienische Küchenproduzent Valcucine ein Kunstwerk – und einen Denkanstoß. (Foto: Valcucine)

Sie merken schon: die Natur gibt’s, die Natur nimmt’s. Nachhaltig kauft, wer auf „ehrliche“ und echte Materialien setzt. Das gilt auch für Naturstein. Im Gegensatz zu modernen, zusammengesetzten Verbundwerkstoffen kann Stein zerkleinert und in einen Recyclingkreislauf zurückgeführt werden. Das österreichische Unternehmen STRASSER Steine hat mit Steinresten sogar die erste recycelte Natursteinarbeitsplatte konzipiert.

5 – Nachhaltiger Küchenkauf: Modulare Möbelteile

Vier gewinnt? Das wären: ein Block zum Kochen, einer zum Spülen, einer zum Kühlen und einer zum Vorbereiten. Zusammengesetzt ergibt das eine modulare Küche, die sich flexibel umziehen lässt – und so ihren Lebenszyklus nachhaltig verlängert. Modulare Küchen entstanden einst aus dem Wunsch heraus, die Küche so simpel und individuell konfigurierbar wie möglich zu halten. Je nach Lebens- und Raumsituation lässt sich das Grundgefüge mit weiteren Bausteinen erweitern: Ein Modul zur Bevorratung, eines für den Essbereich, eines für den Außengrill – und so weiter. Wer umzieht, baut die Küche anteilig ab und verkauft die Module oder zieht sie direkt mit um. Denkbar sind hierbei ebenso recycelte oder in zweiter Hand genutzte Möbelteile.

Die nachhaltige Idee einzelner Module wird dem komplexen System Küche allerdings nur anteilig gerecht. Die ganzheitliche Gestaltung von Wänden, Böden, Möbel und Licht muss zusätzlich bedacht werden – nur so kann aus der flexiblen Küche auch ein wohnlicher Lebensmittelpunkt werden. Immerhin: Für Konsumentinnen und Konsumenten, die einen nachhaltigen Küchenkauf anstreben, ist dies eine greifbare Lösung, die sich schon heute umsetzen lässt. Namhafte Hersteller wie bulthaup, eggersmann oder USM Haller bieten modulare Möbelserien für die Küche an. Auch das Unternehmen Noodles Authentic Kitchen Furniture, das sich auf industrielle Stahlmöbel spezialisiert hat, setzt auf den Mix&Match-Look.

>>> Einige Hersteller für Küchenmöbel und Küchengeräte unterstützen schon heute die Bemühungen für einen nachhaltigen Küchenkauf. Lesen Sie Teil I unserer Serie: Die recycelte Küche: Sieht doch schon ganz gut aus.

>>> Lassen Sie sich im Studio zu einem nachhaltigen Vorgehen beim Küchenkauf beraten. Viele Händlerinnen und Händler setzen sich mit dem Thema auseinander und haben ganz praktische Tipps für Sie. Eine Karte mit regionalen Küchenstudios finden Sie hier.

Susanne Maerzke
Susanne Maerzke
Kochen ist Lebensfreude, Zeit mit Freunden, Belohnung, Versöhnung, Hobby und Genuss. Auch unsere Redakteurin sieht die Küche als das Herzstück der Wohnung – schließlich endet jede gute Party zurecht in der Küche neben den letzten Käsehäppchen und einem Glas Wein. Es lohnt sich also definitiv, sein Augenmerk auf die Ausstattung der Küche zu richten und mal bei den neuesten Trends, Geräten und Designern nachzuhaken: auch als Gesprächsgrundlage für die nächste Feier.