Küchenfronten aus Lack, Kunststoff oder Holz dürften jedem ein Begriff sein. Gerade letzteres ist zwar enorm beliebt, gerät jedoch derzeit in einen Lieferengpass: auf Holzmöbel müssen Kunden aktuell viele Wochen und länger warten.
Einige Hersteller setzen daher mittlerweile auch auf außergewöhnliche andere Materialien, so zum Beispiel Küchenfronten aus Linoleum, BioBoard oder Aluminium.
Linoleum überrascht mit seiner von Haus aus antibakteriellen Wirkung; BioBoard wird vorwiegend aus Bruchhölzern und Sägespäne gefertigt und übertrifft herkömmliche Spanplatten damit in puncto Nachhaltigkeit um Längen. Die leichteste Küche der Welt besteht übrigens aus – na? Aluminium. Bühne frei für die Shooting Stars unter den Küchenfronten.
Dieser Artikel wurde am 16. Juli 2020 erstellt und am 01.07.2021 nach den neuesten Erkenntnissen überarbeitet.
Außergewöhnliche Küchenfronten aus Linoleum: Comeback des nachhaltigen Naturprodukts
Viele Menschen denken bei Linoleum an einen Bodenbelag längst vergangener Tage, der weder für sein hochwertiges Auftreten, noch für seinen herausragenden Designwert bekannt ist. Oftmals wird er mit PVC und Vinyl verwechselt: Kunststoffe, die dem Linoleum zwar optisch ähneln, aber komplett andere Materialeigenschaften aufweisen. Viele Küchenhersteller entdecken das oft verkannte, nachhaltige Linoleum jetzt in einem ganz neuen Kontext und stellen außergewöhnliche Küchenfronten damit her.
Linoleum besteht aus Leinöl, Jute, Holz- oder Korkmehl und ist mittlerweile in vielen Farben erhältlich. Reform Copenhagen hat das natürliche Material als Aushängeschild für sein Firmenkonzept entdeckt: Die Firma stellt hochwertige Fronten vorwiegend aus Linoleum her, die mit Küchenkorpussen von IKEA kombiniert werden können.
Vorteile von Linoleum: antibakeriell, pflegeleicht, antistatisch, langlebig
Weil Linoleum eigentlich empfindlich auf Feuchtigkeit reagiert, beschichten viele Hersteller das Material mit natürlichen Harzen. Das macht es widerstandsfähig für den normalen Küchenalltag. Ein weiterer, wichtiger Vorteil gegenüber vielen anderen Beschichtungsmaterialien: Fingerabdrücke bleiben weitestgehend unsichtbar.
Da Linoleum aufgrund seiner Zusammensetzung auf natürliche Weise antistatisch ist, muss es nicht – wie andere Produkte – chemisch nachbehandelt werden. Die permanente Antistatik sorgt dafür, dass sich kein Staub auf dem Material bildet und Linoleum damit viel pflegeleichter ist als andere Oberflächen. Zusätzlich hat Linoleum eine leicht fungizide, also pilztötende, sowie antibakterielle Wirkung und eignet sich damit besonders für Allergiker. Ein weiterer Vorteil: es ist schwer entflammbar, also ideal für den Einsatz in der Küche.
Nachteile von Linoleum: Gebrauchspatina und Vorsicht bei der Reinigung
Wie jedes Material hat Linoleum einige Nachteile. Besonders bei der Reinigung ist Vorsicht geboten: Das Material reagiert empfindlich auf alkalische Mittel und sollte daher höchstens mit pH-neutralen Reinigern behandelt werden, besser nur mit einem feuchten Tuch. Über die Jahre kann sich im Übrigen – wie bei allen Naturmaterialien – eine leichte Gebrauchspatina bilden. Da das Material in seiner natürlichen Beschaffenheit weich ist, sollten scharfe Gegenstände von ihm ferngehalten werden. Zudem empfiehlt es sich, intensive Flecken von Rotwein, Kaffee und Co. sofort nach dem Verschütten zu entfernen.
Aluminium: das Leichtgewicht unter den Küchenfronten
Ein weiteres Beispiel für außergewöhnliche Küchenfronten: Aluminium. Während das Metall vorwiegend als Kantenbeschichtung für Laminat- oder Furnierfronten verwendet wird, gibt es auch einige Hersteller, die Aluminium als Beschichtung für Küchenfronten in unterschiedlichen Farben anbieten. Der Luxusküchenhersteller bulthaup ist bekannt dafür, mit diesem edlen und filigranen Material zu arbeiten.
Eine Besonderheit von Aluminium ist, dass die Farben je nach Blickwinkel im Licht changieren. Dies wird ermöglicht über eine einzigartige Weise der Beschichtung: das Eloxieren. Dabei wird über ein Elektrolysebad und elektrischen Strom eine hauchdünne Farbschicht auf das Aluminium aufgetragen. Diese ist so dünn, dass der charakteristische Schimmer-Effekt erhalten bleibt.
Vorteile von Aluminium: leicht, hygienisch und unempfindlich
Aluminium gilt als Nichteisenmetall und gehört damit zu den leichteren Werkstoffen. Diese Eigenschaft brachte der italienischen Luxusküchen-Manufaktur Valcucine mit ihrem Modell Riciclantica den Titel als leichteste Küche der Welt ein. Ein weiterer Vorteil: Aluminium ist haltbar und hygienisch, wodurch sich der Werkstoff immer mehr seinen Weg heraus aus der professionellen Großküche hinein in Privathaushalte bahnt. Die Charakteristik seiner Oberfläche macht das Material außerdem unempfindlich gegenüber Dämpfen, Spritzern und Hitze.
Nachteile von Aluminium: unverträglich mit Stahl, umstritten in der Herstellung
Eine Schwachstelle hat das ansonsten so robuste Material Aluminium dennoch: Es verträgt sich nicht mit Stahl und sollte daher nicht im direkten Kontakt mit dem unedlen Metall verbaut werden. Elektrolytisch leitende Flüssigkeiten wie Wasser lassen Strom fließen, es kommt zur Korrosion – und das Material rostet.
Die Herstellung wird zudem oft von kritischen Stimmen begleitet. Das Verfahren zur Umwandlung von Aluminiumhydroxid in Aluminium ist extrem energieaufwendig. An den Produktionsorten wie Australien, Brasilien oder China werden oft große Wasser- oder Kohlekraftwerke errichtet, für die wiederum Regenwald abgeholzt wird.
Alles in allem ist Aluminium ein wertvoller Rohstoff, der aufgrund seiner aufwendigen Produktion als Wegwerfprodukt zwar umstritten ist, für einen dauerhaften Einsatz in Form einer langlebigen Küchenfront aber sicherlich anders bewertet werden kann.
BioBoard: die ökologische Spanplatte aus Recyclingholz
So unterschiedlich Küchenfronten aussehen mögen: Unter der Beschichtung mit Lack, Mattlack und Co. verbirgt sich – mit Ausnahme der Vollholz-Küche – fast immer eine Spanplatte. Deren Herstellung geht mit hohen Belastungen für die Umwelt einher, denn weltweit werden noch immer mehr Bäume abgeholzt als gepflanzt.
Hier setzt das Material BioBoard mit einer nachhaltigen Lösung an. In der ersten Generation, die die Firma Rotpunkt aus Bünde entwickelte, wurde es aus schnell nachwachsenden Rohstoffen wie Mais und anderen Einjahrespflanzen hergestellt und in umweltfreundlichen Spanplatten verwandelt.
Mittlerweile gibt es eine neue Generation, die „BioBoard Gen2„. Sie besteht zu 90% aus Recyclingholz, also dem Holz aus Recyclingmöbeln, Späne aus Sägewerken oder sogar dem Bruchholz, das im Wald nach einem Sturm liegen bleibt. Das ist nochmal ressourcenschonender als der spezifische Anbau von Einjahrespflanzen und darf als serienreife Zukunftsvision gelten.
Vorteile von BioBoard: nachhaltig und regional produziert nach bestem Emissionsstandard
Die „BioBoard Gen2“ wird aus regional anfallendem „Holzabfall“ hergestellt, der vorher sorgfältig recycelt und aufbereitet wird. Durch die Nutzung von bereits vorhandenem Material und zusätzlich kürzeren Transportwegen werden Emissionen und Energie eingespart.
Zusätzlich wird die „BioBoardGen2“ nach strengem japanischen Standard produziert, der die weltweit strengsten Anforderungen an die Herstellung von Spanplatten stellt. Mit der Emissionsklasse F**** (Four Star) ist der geringmöglichste Formaldehyd-Ausstoß belegt. Das Material ist also nicht nur nachhaltiger als normales Holz, sondern auch noch umweltfreundlicher und „gesünder“.
Übrigens: natürlich haben diese recycelten BioBoard-Platten eine ebenso hohe Stabilität und Belastbarkeit wie herkömmliche Holzarbeitsplatten. Mittlerweile kann man sich beim Hersteller Rotpunkt nahezu jedes Küchenmodell in dieser wunderbar nachhaltigen Variante anfertigen lassen.
26 Farbtöne umfasst das Portfolio. Die Teile der Platte, die dennoch aus Holz bestehen, sind PEFC- und FSC- zertifiziert und stammen aus garantiert nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Insgesamt bestehen die Greenline-Möbelteile zu 90 Prozent aus Recyclingholz.
Nachteil von BioBoard: teurer als herkömmliche Spanplatte
Preislich liegen die umweltfreundlichen Möbel etwas höher als jene aus herkömmlichen Spanplatten. Nachteile hat das umweltfreundliche Material ansonsten aber keine bekannten. Wünschenswert wäre lediglich, dass noch mehr Hersteller dem Beispiel von Rotpunkt Küchen folgen, BioBoard-Platten in ihre Produktion aufnehmen und dem Küchenkäufer damit noch mehr Planungsfreiheit schenken – und ein gutes ökologisches Gewissen.
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