Edelstahl in der Küche endlich kratzfest: Interview mit einem Experten

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Der Wiener Küchenstudiobesitzer Josef Fletzberger gilt als Experte für 5 mm warmgewalzten Edelstahl in der Küche. Auf eigene Faust hat er eine spezielle Glasperlenstrahlung entwickelt, die Edelstahl großflächig kratzfest werden lässt. Wir haben ihn interviewt und erfahren, warum Edelstahl besser als Dekton ist, welche preisliche Alternative sich zu Edelstahl anbietet und inwiefern die professionelle Gastronomie Einzug in die private Küchenplanung hält.

Keine Küche kommt ohne Edelstahl aus. Das pflegeleichte, absolut hygienische und haltbare Material ist vielerorts das Mittel der Wahl für Küchenspülen, Küchenarmaturen und Küchengeräte. Vorbild ist die professionelle Gastronomie. Zunehmend steigt auch im privaten Bereich die Nachfrage nach Arbeitsplatten aus 5 mm warmgewalztem Edelstahl, die durch die Walzstruktur flächig kratzfest wird.

Professionell kochen in den eigenen vier Wänden: Edelstahl ermöglicht das auf hygienische und pflegeleichte Weise. Nur kratzfest ist das Material nicht - normalerweise. (Foto: Franke)
Professionell kochen in den eigenen vier Wänden: Edelstahl ermöglicht das auf hygienische und pflegeleichte Weise. Nur kratzfest ist das Material nicht – normalerweise. (Foto: Franke)

Edelstahl in der Küche: perfekte Grundlage für Hygiene & Stil

Es gibt viele gute Gründe, Edelstahl in der Küche einzusetzen. Das Material wirkt geradezu spektakulär minimalistisch und kühl, was perfekt zu klaren und modernen Küchenräumen passt. Seine zeitlose silbergraue Farbgebung harmoniert mit jedem Küchenstil und lässt sich sowohl zu dunklen Küchenräumen, als auch Küchen aus Holz oder farbigen Küchen kombinieren. Vor allem aber ist Edelstahl in der Küche äußerst funktional: das Material ist flecken-, säure- und hitzebeständig, stoß- und schlagfest und leicht zu reinigen. Seine Korrosionsbeständigkeit verleiht Edelstahl ein ewiges Leben.

Was bei vielen Haushalten mit gutem Besteck beginnt, führen passionierte Hobbyköche in der Küche mit Edelstahloberflächen weiter. Die zunehmende Begeisterung für Gourmetgenuss im Privaten und das hohe Interesse an frischer, gesunder und selbstgekochter Kost lässt auch das Küchenumfeld zunehmend professionell werden. Edelstahl in der Küche trägt hierzu in besonderem Maße bei.

Edelstahl in der Küche ist nicht nur hochgradig hygienisch, sondern vor allem hitzefest, säurebeständig, schlagfest. Das lädt zu kreativen Planungsideen ein, beispielsweise der integrierten Kochzone auf der Arbeitsplatte. (Foto: Manufaktur Jan Cray)
Edelstahl in der Küche ist nicht nur hochgradig hygienisch, sondern vor allem hitzefest, säurebeständig, schlagfest. Das lädt zu kreativen Planungsideen ein, beispielsweise der integrierten Kochzone auf der Arbeitsplatte. (Foto: Manufaktur Jan Cray)

Josef Fletzberger zum Thema „Edelstahl in der Küche“ im Interview

Das hat Josef Fletzberger, Inhaber des Wiener Studios „Fletzberger Küchencenter“ – und unser Experte zum Thema Edelstahl auf dem Küchen&Design Magazin – schon vor Jahren erkannt. Der Österreicher blickt nicht nur auf jahrzehntelange Erfahrung mit Edelstahl in der Küche dank eigener Küchenplanungen zurück, sondern hat auch rund sieben Jahre lang Gastronomieküchen geplant und verbaut – stets in engem Kontakt zur Edelstahlindustrie. Das Interesse daran ließ ihn nicht mehr los; ebenso wie der Wunsch, eine kratzfestere Variante des beliebten Materials für den Privathaushalt zu entwerfen. Das ist tatsächlich das einzige Manko, so man es denn nennen möchte, dem sich herkömmlicher Edelstahl stellen muss: im täglichen Gebrauch zerkratzt das Metall schnell und erhält eine ganz eigene Patina.

Josef Fletzberger leitet seit vielen Jahren das renommierte "Küchencenter Gumpendorf" in Wien. Er hat sich einen Ruf als Experte für 5 mm warmgewalzten Edelstahl erarbeitet. (Foto: Fletzberger Küchencenter)
Josef Fletzberger leitet seit vielen Jahren das renommierte „Küchencenter Gumpendorf“ in Wien. Er hat sich einen Ruf als Experte für 5 mm warmgewalzten Edelstahl erarbeitet. (Foto: Fletzberger Küchencenter)

Wir haben Josef Fletzberger zum Interview über Edelstahl in der Küche getroffen.

1. Küchen&Design Magazin (K&D):

Herr Fletzberger, warum hat es Ihnen ausgerechnet Edelstahl von allen verfügbaren Küchenmaterialien so angetan?

Josef Fletzberger (JF):

Die sieben Jahre in der Edelstahlbranche haben mich sehr geprägt. In der Profiküche ist Edelstahl unabdingbar. Das hat natürlich zum einen mit den sehr hygienischen Eigenschaften des Materials zu tun, was geradezu notwendig im Umgang mit Lebensmitteln ist. Zum anderen wird in der Gastronomie alles aus einem Guss gefertigt: selbst Edelstahlspülbecken und Armaturen sind nahtlos miteinander verschweißt, um Bakterien oder Schmutz möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, beispielsweise in Fugen und Kanten. Dieses Prinzip wollte ich auch auf die private Küche übertragen.

Dort stört viele Käufer aber die Tatsache, dass herkömmlicher, also geschliffener Edelstahl, schnell verkratzt. Wer seinen Topf über diese Arbeitsplatte zieht, hat sofort Kratzer in der Oberfläche.

2. K&D: Daher haben Sie viele Jahre selbst getüftelt und eine eigene Glasperlbestrahlung entwickelt. Was ist das genau?

JF: Mein 5 mm warmgewalzter Edelstahl für die Küche hat eine Walzstruktur. Die spezielle Glasperlenstrahlung ermöglicht es mir, diese Walzstruktur zu erhalten. Sie ist großflächig kratzfest. Darüber können Sie mit einem normalen Topf unbedenklich entlanggleiten. Zudem gelingt es mir durch die Glasperlenbestrahlung, die 5 mm starken Edelstahlplatten auf Wunsch in nur einem Stück bis vier Meter Länge anzufertigen. Das darin fugenlos eingeschweißte Becken wird mitgestrahlt und erscheint dadurch gemeinsam mit der Edelstahlplatte optisch wie aus einem Guss.

Edelstahl-Arbeitsplatten haben den Vorteil, dass Spülbecken nahtlos in sie eingeschweißt werden können. So wirkt alles wie aus einem Guss. (Foto: eggersmann)
Edelstahl-Arbeitsplatten haben den Vorteil, dass Spülbecken nahtlos in sie eingeschweißt werden können. So wirkt alles wie aus einem Guss. (Foto: eggersmann)

3. K&D: Worin unterscheidet sich die Glasperlenstrahlung von anderen Edelstahlverarbeitungsformen?

JF: Vor der Glasperlenstrahlung wird der Edelstahl zusätzlich behämmert, das macht ihn nochmal härter. Der Edelstahl ist damit unverwüstlich. Außerdem lassen sich kleine Beschädigungen, so sie denn unerwarteterweise auftreten, mit der Glasperlenstrahlung nahezu unsichtbar ausbessern. Dieses Wissen habe ich mir mühevoll erarbeitet.

4. K&D: Wie lange haben Sie daran geforscht?

JF: Es waren sicher fünf Jahre, in denen ich auch mein Lehrgeld bezahlt habe. Mittlerweile kann ich aber mit Fug und Recht behaupten, ein Experte für Edelstahl in der Küche und die Glasperlenstrahlung zu sein. Da haben mir auch meine Kontakte aus der Edelstahlbranche genutzt. Der gesamte Vorgang ist einmalig und steht auch nur meinen Kunden zur Verfügung. Sowas lässt sich nicht industriell ausweiten.

Der Unterschied zwischen geschliffenem und glasperlengestrahltem Edelstahl wird hier deutlich. Rechts wird flächig kratzfest. (Foto: cs-edelstahl-design.de)
Der Unterschied wird hier deutlich sichtbar. Rechts bleibt auf Dauer flächig kratzfest. (Foto: cs-edelstahl-design.de)

5. K&D: Wie wandlungsfähig ist Edelstahl denn in der Küche? Wo und wie setzen Sie ihn ein?

JF: Edelstahl ist total neutral. Der passt überall dazu, ob ich nun eine moderne Küche in puristischem Lack gestalte oder eine warme Atmosphäre dank Holz vorliegen habe. Das Schöne ist, dass sich auch an den meisten Küchengeräten Edelstahl wiederfindet, weshalb ich es harmonisch in den Raum einbinden kann.

Edelstahl ist natürlich für Armaturen und Spülbecken der Klassiker, aber wird auch zunehmend gern als Arbeitsplatte und Küchenrückwand in 3mm Walzstruktur eingesetzt.

Im übrigen Küchenraum kann ich Edelstahl auch elegant und langlebig als Tischgestell oder Barkufe einbinden.

Edelstahl in der Küche lässt sich universell einsetzen. Präzise, puristische Küchen erhalten im Mix aus Stahl und Holz ein zeitlos schönes Design. (Foto: Büchele)
Edelstahl in der Küche lässt sich universell einsetzen. Präzise, puristische Küchen erhalten im Mix aus Stahl und Holz ein zeitlos schönes Design. (Foto: Büchele)

6. K&D: Überzeugen Sie Ihre Kunden dank Ihrer Leidenschaft vom Edelstahl oder ist die Nachfrage von allein so hoch?

JF: Ich würde niemanden dazu überreden, dazu ist das Material zu teuer. Es ist auch nur dann eine Alternative, wenn jemand bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen und z.B. eine Granitarbeitsplatte erwägt. Da kann dann Edelstahl eine Alternative sein, muss aber nicht.

Ohnehin fragen die Kunden in der Regel bei mir nach. Gleich am Eingang unserer Küchenausstellung in Wien Gumpendorf steht eine tolle eggersmann-Küche mit handgespachteltem Beton als Front, die mit einer Edelstahlplatte kombiniert ist. Sie inspiriert viele Küchenkäufer.

Blick in den Showroom von Josef Fletzberger: die Kücheninsel aus handgespachteltem Beton und 5 mm warmgewalzter Edelstahl-Arbeitsplatte fasziniert viele Besucher. (Foto: Fletzberger Küchencenter)
Blick in den Showroom von Josef Fletzberger: die Kücheninsel aus handgespachteltem Beton und 5 mm warmgewalzter Edelstahl-Arbeitsplatte fasziniert viele Besucher. (Foto: Fletzberger Küchencenter)

7. K&D: Was würden Sie denn empfehlen: Granit oder Edelstahl?

JF: Beides hat seine Vor- und Nachteile, und trotzdem: mit Granit und Edelstahl machen Sie beiderseits nichts falsch. Es sind tolle, echte Materialien, die enorm widerstandsfähig sind und sich toll anfühlen. Edelstahl ist professionell, da können Sie auch mal den heißen Topf drauf abstellen. Es liegt aber preislich oft höher als Granit. Naturstein hat zudem eine wärmere Optik. Ich empfehle mit bestem Gewissen auch Granit, Porphyr und Quarzit. Das ist alles um ein Vielfaches besser als Kunststein oder Verbundwerkstoffe.

8. K&D: Apropos Kunststein: was hat denn Edelstahl, was Dekton nicht hat?

JF: Dekton ist nicht schlagfest. Sicher, im Gegensatz zu anderen Kunststeinen wie Corian ist es immerhin hitzebeständig und säurefest. Aber wenn Sie mit einem schweren Topf unglücklich an der Kante anstoßen, kann diese schnell beschädigt werden, und das ist bei Dekton nun mal nicht ausbesserbar, ohne, dass man das sieht. Hier lieber zu Naturstein greifen, den können wir auch unsichtbar ausbessern. Oder Edelstahl natürlich. Der lässt sich durch ein Abschleifen mit Vlies oder eben unsere Glasperlenstrahlung renaturieren.

9. K&D: Zurück zum Edelstahl: welche Formen von Edelstahl können Kunden denn im „Fletzberger Küchencenter“ in Wien kaufen?

JF: Natürlich zum einen den 5 mm warmgewalzten Edelstahl, den ich gemeinsam mit meinen Produzenten anbiete. Unser Küchenhersteller eggersmann hat aber auch geschliffenen Edelstahl im Programm, der mit 1,5 Millimeter Stärke auskommt. Der wird auf eine Platte geklebt, gekantet und geschliffen. Hierbei muss man sich nur der Patina gewahr sein, die in Form von Kratzern schnell das Küchenbild bestimmt. Manche mögen das ja.

Im Wiener eggersmann-Flagshipstore, dem Fletzberger Küchencenter, gibt es natürlich auch Edelstahl der Manufaktur zu kaufen. Dieser ist aber geschliffen. (Foto: eggersmann)
Im Wiener eggersmann-Flagshipstore, dem Fletzberger Küchencenter, gibt es natürlich auch Edelstahl der Manufaktur zu kaufen. Dieser ist aber geschliffen. (Foto: eggersmann)

10. K&D: Die private Küche wird immer professioneller, weil sie zunehmend als „Statussymbol“ betrachtet wird. Wie nah kommen denn die Gastroküchen, die Sie geplant haben, an heutige Privatküchen heran?

JF: Die Raumaufteilung ist natürlich ganz anders. In der Gastronomie herrscht strikte Arbeitsplatztrennung, um die wichtigen Hygienevorschriften einhalten zu können. Da bekommt die Schmutzküche beispielsweise einen separaten Raum und es dürfen auch keine Kräutertöpfe mit Erde dort stehen, wo gekocht wird. Auch die Innenschranksysteme sind aus Edelstahl, sodass man sie im Zweifelsfall zur Reinigung kärchern kann.

K&D: Sie kennen sich gut aus.

JF: Ich habe Gastronomieküchen nicht nur geplant, sondern auch selbst eine Gastroprüfung abgelegt und eine Weinbar nebenbei betrieben! (lacht) Deshalb verkaufe ich auch nichts, von dem ich nicht selbst überzeugt bin. Edelstahl als Arbeitsplatte ist aber eben sowohl privat als auch professionell gut, weil das Material robust und rostfrei ist.

11. K&D: Gibt es sonst noch Ähnlichkeiten in der Küchenplanung außerhalb des Edelstahls?

JF: Was sich der Privathaushalt ganz klar von der Gastro abgeguckt hat, sind die professionellen Geräte. Ich arbeite ja schon seit vielen Jahren exklusiv mit Gaggenau zusammen. Diese Geräte sind der professionellen Küche so ähnlich, dass selbst renommierte Haubenköche, die bei mir Kochvorführungen abhalten, immer wieder begeistert sind und staunen. Zum Beispiel der Gaggenau Backstein: hierfür stecken Sie einen Heizkörper in den Gaggenau Backofen ein und schieben den Tonstein darüber. Nun lässt sich darauf knusprige Pizza wie im Pizzaofen herstellen – alle Kunden sind regelmäßig wieder begeistert!

Edelstahl findet sich auch an Einbaugeräten wieder, beispielsweise den professionellen (Dampf-)Backöfen von Gaggenau. (Foto: Gaggenau)
Edelstahl findet sich auch an Einbaugeräten wieder, beispielsweise den professionellen (Dampf-)Backöfen von Gaggenau. (Foto: Gaggenau)

12. K&D: Letzte Frage: wo wird sich Edelstahl in der Küche hinentwickeln?

JF: Das Rohmaterial wird sicher teurer mit der Zeit (lacht). Edelstahl behält seine Exklusivität, weil er schon perfekt so ist, wie er ist. Zumindest mit meiner Glasperlenstrahlung. Daran habe ich lange genug gefeilt.

K&D: Herr Fletzberger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

>>> Möchten Sie Kontakt aufnehmen zum Fletzberger Küchencenter oder mehr über dieses Studio erfahren? Beides können Sie über die Studiodetailseite des Händlers vornehmen.
>>> Unter diesem Link gelangen Sie direkt zur Homepage des Wiener Küchenstudios für eggersmann-Küchen.

>>> Dieser Artikel wurde am 12.02.2021 veröffentlicht und am 11.03.2022 nach neuesten Erkenntnissen aktualisiert.

Susanne Maerzke
Susanne Maerzke
Kochen ist Lebensfreude, Zeit mit Freunden, Belohnung, Versöhnung, Hobby und Genuss. Auch unsere Redakteurin sieht die Küche als das Herzstück der Wohnung – schließlich endet jede gute Party zurecht in der Küche neben den letzten Käsehäppchen und einem Glas Wein. Es lohnt sich also definitiv, sein Augenmerk auf die Ausstattung der Küche zu richten und mal bei den neuesten Trends, Geräten und Designern nachzuhaken: auch als Gesprächsgrundlage für die nächste Feier.

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