Farb- und Materialtrends 2019/20: Glas, Beton, Metall

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Trends werden nicht gemacht, sondern vom Zeitgeist geformt. Den wiederum kann man aber ganz gut erforschen – und zumindest auf ein bis zwei Jahre vorhersagen. Dafür zuständig ist beispielsweise die Materialagentur raumPROBE. Mitinhaber Hannes Bäuerle gab nun auf der küchenwohntrends 2019 einen inspirierenden Einblick in die Farb-, Form- und Materialtrends 2019/20. Wir stellen Ihnen die Erkenntnisse vor.

Kurz vorgestellt: das ist die Materialagentur raumPROBE

Mode ist die Uniform der Zivilisten“, sagte der Aphoristiker Werner Mitsch einst. Und das, was Mode fürs Volk ist, sind Materialien für die Einrichtung. Beiden gemein ist, dass sie sich über Farbe und Haptik definieren, dass sie Trends unterliegen und gelebte Individualität sind. Zeig mir deine Wohnung, und ich sag dir, wer du bist.

So ist es nur verständlich, dass sich mittlerweile ganze Institutionen mit der Erforschung von Farb- und Materialtrends der Zukunft befassen. Das beginnt bei den Experten von Pantone und Dulux, die ganze Häuser anstreichen und einrichten, um die besten Farbskalen zu ermessen. Und geht hin bis zu umfangreichen Materialarchiven wie dem des Stuttgarter Unternehmens raumPROBE, das auf rund 600 Quadratmetern beeindruckende 30-40.000 Muster und über 3.500 Materialtafeln ausstellt. Sinn des Ganzen ist, Trends kommen und gehen zu sehen, zu katalogisieren und auch neue Materialien durch Verbundmischungen zu erforschen. Außerdem können Architekten wie Planer sich von der Farb- und Materialvielfalt inspirieren lassen und für ihre Projekte nutzen. Manch einer ist verblüfft, welche innovativen Materialien sich abseits der eigenen Ideen noch finden lassen.

raumPROBE und LEICHT: Ausblick auf Küchentrends 2019

Einem nationalen Publikum bekannt wurde raumPROBE als Ideengeber für den baden-württembergischen Küchenhersteller LEICHT, der seine Küchenneuheiten 2018/19 über sogenannte „Materialcollagen“ definierte, die das Unternehmen gemeinsam mit raumPROBE erstellte. Hölzer, Lacke, Steine, matte und glänzende Oberflächen sowie der richtige proportionale Einsatz zueinander konnten so haptisch erspürt und visuell verdeutlicht werden. Herausgekommen sind hierbei so unterschiedliche und charakterstarke Stilwelten wie „Metropolitan Merge“, in der dunkles Bergrubinienholz auf ein zartes Olivgrau trifft. Oder das exotische „Oriental District“ mit metallischen Oberflächen und ausländischen Hölzern. Sowie „Wooden Yearning“ mit hellen Hölzern, sanften blauen Tönen und Einsätzen von frischem Grün.

Eine Kostprobe des KnowHows von raumPROBE bekamen nun die Messebesucher der küchenwohntrends 2019, auf der Mitbegründer Hannes Bäuerle einen Einblick in die „Farb-, Form- und Materialtrends 2019/20“ gab. Wer geglaubt hatte, dass das übliche Trend-Dickicht von „alles ist möglich“ sich durch den Vortrag ziehen würde, der irrte. Hannes Bäuerle brachte konkrete Vorstellungen für Farben und Materialien 2019/20 mit. Und einige Neuheiten, die noch bei keinem der Besucher im Fokus standen.

In Zusammenarbeit mit raumPROBE entstanden beispielsweise auch diese Materialcollagen des Küchenherstellers LEICHT für 2018/19. (Foto: LEICHT)
In Zusammenarbeit mit raumPROBE entstanden beispielsweise auch diese Materialcollagen des Küchenherstellers LEICHT für 2018/19. (Foto: LEICHT)
Daraus hat LEICHT u.a. den Küchenraum "Metropolitan Merge" entwickelt: hier trifft dunkle Bergrubinie auf olivgraue Mattlackfronten und Stahlregale. (Foto: LEICHT)
Daraus hat LEICHT u.a. den Küchenraum „Metropolitan Merge“ entwickelt: hier trifft dunkle Bergrubinie auf olivgraue Mattlackfronten und Stahlregale. (Foto: LEICHT)

Farb- und Materialtrends 2019/20: Marmorierung, altes Handwerk, frische Farben

Hannes Bäuerle wollte seine Zuhörer zunächst vor allem über einen Irrtum aufklären. „Wer glaubt, dass ich nun die Trends für die nächsten fünf Jahre ankündigen werde, der täuscht sich“, sagte der renommierte Diplom-Ingenieur und Fachreferent mehrerer Architektenkammern gleich zu Beginn seines halbstündigen Vortrags. „Trends sind etwas Schnelllebiges und werden von so vielen Faktoren beeinflusst. „Ich würde mir nie anmaßen, sie über mehrere Jahre hinweg zu prognostizieren.“ Stattdessen gab Bäuerle einen Ausblick auf das Küchen- und Möbeljahr 2019/20.

Der „materialREPORT 2019“ seiner Agentur raumPROBE teilt gängige Materialien und Farbtrends zunächst in fünf Stilwelten ein: SPRITE, WALDEN, BRUT, INOX und TIVOLI. Jede Stilwelt hat ein ganz eigenes, definiertes Farbmuster und unterschiedliche Oberflächen. Während das frische „SPRITE“ mit intensiven Farben, Melange-Effekten und Marmorierung spielt, stehen bei „WALDEN“ altes Handwerk und warme Holztöne im Fokus. „BRUT“ wendet sich ganz klar dem vorherrschenden Hang zu Beton und Brutalismus zu, während INOX der Struktur von Metallen und ihrer Anwendung im Küchen- und Wohnbereich auf den Grund geht. „TIVOLI“ würdigt die Renaissance von alten, schweren Stoffen wie Samt, die eine Kollaboration Farbtönen von Gold bis Azurblau eingehen.

Der Agenturinhaber und Ingenieur Hannes Bäuerle stellte auf der küchenwohntrends 2019 die Farb- und Materialtrends für Küche, Bad und Wohnen vor. (Foto: Stephanie Morawietz)
Der Agenturinhaber und Ingenieur Hannes Bäuerle stellte auf der küchenwohntrends 2019 die Farb- und Materialtrends für Küche, Bad und Wohnen vor. (Foto: Stephanie Morawietz)

Farb- und Materialtrends 2019/20 für die Küche: Der Industrial Style wird steril – und schriller

Was bedeuten diese Farb- und Stilwelten nun angewendet auf den Küchenraum? Hannes Bäuerle erklärt am Beispiel von INOX, dass der kühle Industrial-Look nun weiterentwickelt wird und künftig nicht mehr rau und wild, sondern vielmehr „steril wie im Labor“ auftreten werde. Verkörpern sollen das gebürstete oder spiegelnde Metalloberflächen, unverkleidete Rohre und präzise Kanten. Bäuerle sagt: „Perfektion und Funktionalität sind hier das Maß aller Dinge.“ Jedoch: Der kühle Purismus wird künftig unterbrochen von intensiven Primärfarben, Sorbets oder strahlenden Farben wie Neon. Perforierungen und extravagant geformte Oberflächen sorgen für Abwechslung und sollen Zeichen einer „sich schnell drehenden, urbanen Welt“ sein.

Auch in den anderen Stilwelten drehen sich bekannte Materialien weiter. Der raue und in der Küche empfindliche Werkstoff Beton wird bei BRUT kombiniert mit einem supermatten Z27 Dunkelgrau HPL-Schichtstoff. Dieser wurde speziell für den Einsatz in der Küche entwickelt. Der extrem widerstandsfähige Werkstoff ist laut Bäuerle „antibakteriell, leicht zu reinigen, trockenhitzeresistent, chemikalienresistent. Darüber hinaus wasserabweisend, lebensmittelecht, hitzefest, kältefest, antistatisch, stoßfest, mikrokratzresistent, lichtecht, beschreibbar mit Kreide und auf Anfrage schwer entflammbar“. Durch eine zusätzliche anti-scratch-Oberfläche können kleinere Kratzer mit einem Bügeleisen ausgerieben werden. Das Material ähnelt den bekannten Thermo-Materialien Fenix NTM und wird in Zukunft noch stärker gefragt sein.

Der Industrial Style wird künftig steril statt unverputzt und rau - und mit knalligen Farben gefeatured. (Foto: raumPROBE)
Der Industrial Style wird künftig steril statt unverputzt und rau – und mit knalligen Farben gefeatured. (Foto: raumPROBE)

Farb- und Materialtrends treffen auf Technik: widerstandsfähiger und nachhaltiger

Die voranschreitende Technik wird in der Zukunft weitere Materialien in der Küche noch widerstandsfähiger machen oder sogar neu erschaffen. Hannes Bäuerle stellt im Zuge dessen sogenannte „multifunktionale Oberflächen“ vor. Das seien herkömmliche Materialien wie Kunststoff, Keramik, Beton, Metall oder Glas, die „mithilfe Nanogate-Technologie mit veränderten oder zusätzlichen Eigenschaften ausgestattet werden können“. Diese seien dann beispielsweise chemikalienbeständig, korrosionsschützend, kratzfester oder leichter zu reinigen.

Kreative Oberflächen für Küche und Möbel stellt Bäuerle mit dem neu erschaffenen Material der recycelten Glaskeramik vor. Sogenannte „Ice Nuggets“, die aus 6-8 mm dicken Weißglas-Industrieabfällen hergestellt werden, spielen mit mehreren Schichten an Glasscherben und lassen daran das Licht auf besondere Weise brechen. Sie können in verschiedenen Farben produziert und als Raumtrenner, Oberfläche oder freistehendes Gestaltungselement eingesetzt werden. Neben der Einzigartigkeit des Materials, welches stilvolle Akzente im Küchenraum setzen soll, steht auch dessen Nachhaltigkeit im Fokus. Der Rohstoff wird zu 100% aus deutschen Glasabfällen hergestellt und nach einem patentierten Verfahren gesintert (unter Temperatureinwirkung in Kristalle umgewandelt). Das Ergebnis sind individuelle Oberflächen, die ihre Herkunft – beispielsweise ganz simple Heinekenflaschen in Grün oder Champagnerflaschen in Braun – verraten und dabei zu 100% nachhaltig sind.

3D-Fluidtechnik und Möbelfolien mit Antifingerprint

Neben Glas hat Bäuerle auch für alle anderen Materialien innovative Überarbeitungen im Gepäck. Metall kann künftig durch hochpräzise Umformungsverfahren wie die 3D-Fluidtechnik kubisch geformt und individuell geprägt werden. Der Oberflächenschutz LOBA wiederum macht Parkettböden immun gegen Beanspruchung. Die Lackierung ist unsichtbar und lässt das Holz naturbelassen erscheinen. Die extrem kratzfeste und widerstandsfähige Schicht wird künftig auch für andere Holzoberflächen in der Küche interessant werden.

Ebenso kratzfest und supermatt sind die „Senosan Möbelfolien“ mit chemischer Beständigkeit, die selbst aggressivsten Substanzen wie Ölen und Säuren widersteht. Die Antifinger-Print-Oberfläche hat eine angenehme Haptik und kann in 7 Trendfarben bestellt werden. Zuguterletzt spricht Hannes Bäuerle vom Werkstoff PITON: diese Oberfläche ist einer Schlangenhaut (>Python) nachempfunden und dadurch in ihrer Lackoberfläche allein haptisch schon ein Erlebnis. Sie ist extrem robust, wasserabweisend und UV-beständig, kommt ohne Phenol und Melamin aus, ist PVC-frei und leicht zu reinigen.

Nicht nur neue Materialien und Farbkombinationen, sondern auch die Prägung dieser Materialien - wie hier Metall - werden zukünftig im Vordergrund stehen. (Foto: raumPROBE)
Nicht nur neue Materialien und Farbkombinationen, sondern auch die Prägung dieser Materialien – wie hier Metall – werden zukünftig im Vordergrund stehen. (Foto: raumPROBE)

Farb- und Materialtrends: raue, echte Strukturen sind gefragt

Für die Farb- und Materialtrends der Zukunft begutachtet Hannes Bäuerle nicht nur die Weiterentwicklung technischer Super-Rohstoffe, sondern auch die Haptik, mit der wir uns gerne umgeben. So haben strukturierte Oberflächen wie Betonpaneele und aufgerautes Holz, aber auch Echtmoos und das leicht kratzige Samt gerade Hochkonjunktur. Zukünftig werden Materialien auch mehr verschmelzen. So kündigt Bäuerle „transluzenten Beton“ an, also einen haptisch wie optisch rauen Werkstoff, der sich unter Einsatz von LED spielerisch-durchscheinend in Szene setzen lassen wird.

Wer sich konkret zum materialREPORT 2019 und die damit verbundenen Stilwelten von SPRITE, WALDEN, BRUT, INOX und TIVOLI informieren will, kann dies unter folgendem Link tun. Möchten Sie sich hingegen im Küchenstudio vor Ort zu verschiedenen Materialien und Farbgebungen beraten lassen, finden Sie in dieser Suche den richtigen Ansprechpartner.

Jesper Thiersemann
Jesper Thiersemann
Unser Analytiker Jesper nutzt seine geräumige Küche mit Südbalkon gern, um abends von der Welt der Zahlen und Fakten Abstand zu nehmen und den Tag mit einem guten Essen oder einem kühlen Bier in der untergehenden Abendsonne ausklingen zu lassen. Wenn seine Jungs mit Kugelgrill und Zubehör anrücken, ist die Ruhe zwar vorbei. Aber wo ließe sich schöner Trubel und Entspannung gleichzeitig genießen als in der eigenen Küche? Eben.

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