Das Studio StockWerk-Küchen aus Niedersachsen erhielt vor rund zwei Jahren den Zuschlag für ein ungewöhnliches Projekt: Christian Stock und Jessica Liebsch sollten eine kompakte und moderne Schiffsküche entwerfen, die gemütlich und stilvoll gestaltet ist und zugleich auch mal im Rampenlicht stehen darf. Eingebaut wurde sie auf dem Hausboot eines bekannten TV-Entertainers: Moderator und Sänger Olli Schulz.
Ehemaliges Hausboot von Gunter Gabriel: gekauft von Olli Schulz & Fynn Kliemann
„Hey Boss, ich brauch mehr Geld. Viel mehr Geld“ sang Gunter Gabriel in seinem Schlager von 1974. Rückblickend betrachtet wirkt es wie eine Vorahnung, was da auf Olli Schulz und Fynn Kliemann zukommen würde. 2018 kauften sie das heruntergekommene, aber erinnerungsträchtige Hausboot des Schlager- und Countrysängers Gunter Gabriel, der ein Jahr zuvor verstorben war. Gabriel hatte sein Hausboot, ein altes DDR-Arbeiterschiff mit dem Namen „Magdeburg“, seit 1997 im Harburger Hafen bewohnt. Als dessen Tochter es nach seinem Tod veräußern wollte, schlug Olli Schulz zu, „bevor dieses Boot jetzt irgendein Idiot bekommt.“
Der Sänger und Schauspieler ist für seine bisweilen derbe Ausdrucksweise bekannt, die ihn als Sidekick von Joko und Klaas in der TV-Show „Circus HalliGalli“ bekannt machte und auch im gemeinsamen Podcast „Fest & Flauschig“ mit Jan Böhmermann kein Blatt vor den Mund nehmen lässt. Beim Projekt Hausboot wäre Schulz jedoch beinahe baden gegangen.
Hausboot von Olli Schulz & Fynn Kliemann: ein schwimmendes Kreativstudio für den guten Zweck
Es mag der rührseligen Erinnerung an Countrylegende Gunter Gabriel, aber auch dem umtriebigen Aktionismus von Olli Schulz und seinem Partner Fynn Kliemann geschuldet sein, dass beide mehr im „Projekt Hausboot“ sahen: ein schwimmendes Kreativstudio sollte die alte „Magdeburg“ werden, mit Platz für Tonaufnahmen, Veranstaltungen und musikalische Events. Ein gemeinnütziges Konzept, bei dem junge Musiker ihre Platten für kleines Geld ungestört aufnehmen können.
Ein Rückzugsort für Olli Schulz, um an neuer Musik für seine Band „Olli Schulz und der Hund Marie“ zu arbeiten. Und ein wüster Spielplatz für YouTuber, Sänger und Unternehmer Fynn Kliemann (Follower auf Instagram: ca. 670k), der es mit seinen Heimwerkervideos und dem Content-Netzwerk FUNK zu großer Bekanntheit gebracht hat.
Update: Derzeit ist Fynn Kliemann aufgrund fragwürdiger Maskendeals während der Corona-Pandemie eine stark umstrittene Persönlichkeit. Auf dem Hausboot der beiden zählte in den vergangenen zwei Jahren jedoch vor allem eins: Die Handwerkerqualitäten, die es braucht, um ein rostiges Schiff zu einer Kulturbühne mit Wohnzimmercharakter umzufunktionieren.
Renovierung des Hausboots: ein rosafarbener „Scheißhaufen„
Als Olli Schulz und Fynn Kliemann jedoch ihr neues Hausboot betraten, war plötzlich nicht mehr alles in Butter auf’m Kutter. Als „Scheißhaufen“ bezeichnete Olli Schulz das marode Boot erbost und gestand seinem Podcast-Partner Jan Böhmermann resigniert: „Das mit dem Hausboot, das war vielleicht ‘ne dumme Idee.“ Hinter der rosaroten Brille, pardon, den rosaroten Hauswänden des Hausboots lauerte die schmutzige Realität. Ein Großteil des verrosteten Boots musste komplett sandgestrahlt werden; Zwischengänge, Schwimmtanks, Versorgungsraum erneuert werden – ganz zu schweigen von der neu verlegten Einrichtung. Kostenpunkt: mindestens 200.000 Euro. Spätestens jetzt hätte Schulz wohl gern den Gunter Gabriel-Song von 1974 gecovert.
Hausboot-Projekt scheitert 2019 fast – im Sommer 2020 geht dann alles ganz schnell
Mehrere Zeitungen erklärten nach eindeutigen Äußerungen von Schulz und Kliemann das Projekt 2019 für gescheitert. Olli Schulz selbst spekulierte, ob man das Boot zum Hamburger Hafengeburtstag wenigstens noch spektakulär in die Luft sprengen solle. Doch dann die Erkenntnis: das Dach des Hausbootes – für Olli Schulz das ausschlaggebende Zünglein an der Waage („wenn das Dach auch noch ab muss, dann ist alles verloren“) – musste lediglich neu verstrebt werden. Für den Rest des Bootes hieß es: Kernsanierung. Auch Olli Schulz und Fynn Kliemann packten medienwirksam mit an.
Im August 2020 setzte sich das Projekt plötzlich sehr schnell in Gang. Nachdem Olli Schulz und Fynn Kliemann ihre Pläne für das schwimmende Areal mit drei Schlafräumen, Mini-Bädern, Tonstudio, Gemeinschaftsraum, Außenterrasse, Whirlpool, Bar und Filmleinwand mit einer Innenarchitektin besprochen hatten, wurden die Aufträge an die zuständigen Gewerke binnen weniger Wochen verteilt. Für die Gestaltung des offenen Küchenraums wurde das Studio StockWerk Küchen, eine gute Autostunde von Bremen entfernt, beauftragt.
StockWerk Küchen aus Apen: Planung und Montage der Schiffsküche in nur 4 Wochen
Die junge Tischlerei StockWerk Küchen wird geleitet von Christian Stock, der sich gemeinsam mit seiner Partnerin Jessica Liebsch ungewöhnlichen Küchenprojekten verschrieben hat und dafür mit rund 15 Jahren Erfahrung im Gepäck 2017 selbständig machte. Gleich mehrmals wurden die Küchenplaner dem Managerteam von Olli Schulz im Zuge der Hausboot-Renovierung vorgeschlagen. Schließlich gab es das finale Go, unter der Voraussetzung, dass die Küche innerhalb von vier Wochen einbaubereit sei – inklusive Planung, Lieferung, Montage und Einbaugeräten.
Ein Ding der Unmöglichkeit. Und eine aufregende Herausforderung für Christian Stock, der sofort konzentriert und leidenschaftlich an die Umsetzung der geplanten Küche ging – völlig ungerührt ob der Tatsache, dass es sich hierbei um das Hausboot zweier prominenter Menschen handelt. Küche ist Küche, und die sollte sich perfekt an den Kutter anpassen. Das ist in der Tat gelungen.
Schiffsküche auf Hausboot: großzügig, hell und offen gestaltet
An den beiden Tagen des Auf- und Umbaus, erzählt Jessica Liebsch von StockWerk Küchen, herrschte reges Treiben auf dem 30 Meter langen Kutter. Rund 25 Handwerker verschiedener Gewerke taten das, wofür sie gerufen wurden: Wände streichen, Böden verlegen, Leitungen verkabeln und Möbel aufbauen – so, wie die prächtige Schiffsküche von StockWerk, die zu den modernen Highlights des alten Boots zählt.
Wer bei einer Schiffsküche an eine kleine, gedrängte Kajüte denkt, in der sich neben dem Abwasch vom Vorabend noch der Pinkelpott vom Bett daneben stapelt, irrt beim neuen Hausboot von Olli Schulz und Fynn Kliemann gewaltig. Großzügig und hell verlaufen die verschiedenen Räumlichkeiten ineinander. Während der Proberaum mit hippieeskem Perserteppich und vollflächig verglastem Blick auf die Elbe noch schallisoliert abgedichtet ist, präsentiert sich die Schiffsküche als gemütliche und großzügige Kochnische in klassischer L-Form, die zum Wohnbereich hin geöffnet ist.
Schiffsküche von Olli Schulz in Anthrazitlack, Eiche und Stahl
Nach außen hin leuchtet die Erinnerung an Gunter Gabriel weiterhin in prächtigem Rosa, das an der Außenbordverkleidung des Hausboots einen neuen, kräftigen Anstrich bekommen hat. Im Innenraum erinnert jedoch nichts mehr an das marode Chaos. Mit der Schiffsküche hat ein Möbelstück Einzug gehalten, das an norddeutsche Fischerklausen und modernen skandinavischen Minimalismus zugleich erinnert. Eloquent und gehoben, aber durch und durch gemütlich.
Das Gefühl wird vor allem durch die Farbkombination erzeugt: wie auch der offene Wohnbereich sind Küchenfronten und Küchenrückwände in ein kräftiges Anthrazit getaucht, das mit hellem Eichenholz und schwarzen Designelementen aus Stahl und Glas eine witterungsfeste Liaison eingeht.
In die graublaue Massivholzfront aus gebürsteter Eiche wurden filigrane Rillen eingefräst, um den skandinavischen Charakter der Küche zu unterstreichen. Eine Arbeitsplatte aus massiver Eiche mit herausgearbeiteter Baumkante wurde vom StockWerk-Küchenteam leicht strukturiert, um eine täuschend echte Haptik zu erzeugen. Die anschließende Lackierung mit einem Nano-Effektlack schützt das anfällige Holz der Schiffsküche vor Flecken und Feuchtigkeit im Küchenalltag und wirkt dabei stets naturbelassen. Wobei: wie viel Küchenalltag es auf einem Hausboot von Olli Schulz und Fynn Kliemann geben kann, sei einmal dahingestellt.
Industrielle Optik dank Schwarzglas, Schwarzstahl und eloxiertem Aluminium in Schiffsküche
Die beiden nennen jedenfalls viel Stauraum ihr Eigen. Mit Sondermaßen bemessen fügten Christian Stock und Jessica Liebsch von StockWerk-Küchen auf schmalem Raum Eckschrank, Spülenschrank, Auszüge, Apothekerschrank und Herd zusammen. In der kompakten Schiffsküche mangelt es an nichts: der Elektronikriese Samsung steuerte neben seinem neuesten Dual Cook-Backofen mit zwei separaten Garräumen und einem slider-gesteuerten Induktionskochfeld sogar einen großzügigen Kühlschrank mit French Door-System und Eiswürfelbereiter bei – wie die übrigen Einbaugeräte in elegantem, schwarz eloxierten Glas und Stahl gehalten.
Ein fugenlos gegossenes Keramikspülbecken von systemceram mit dazugehöriger Faltmatte als unkompliziertes Abtropfbrett ist ebenso in eloxiertem Schwarz gestaltet wie die zierlichen Hängevorrichtungen für Kochutensilien, Küchenrolle und Messerblock, die anstelle von Oberschränken an Wandpaneelen aus Holz über der Arbeitsplatte schweben. Abgerundete Bügelgriffe in schwarzmatter Optik runden den urbanen Küchenstil mit industrieller Note ab.
Nachhaltige Schiffsküche von Olli Schulz und Fynn Kliemann: BioBoard-Platten von Rotpunkt
Neben einem guten Händchen für modernes Küchendesign beweisen Olli Schulz und Fynn Kliemann auch Sinn für Nachhaltigkeit. Die gemeinsam mit der Küchenmanufaktur Rotpunkt realisierte Schiffsküche von StockWerk stammt aus der „Greenline“-Serie des ostwestfälischen Herstellers und wurde aus BioBoard-Platten aufgebaut. BioBoard sind gepresste Holzoberflächen, die zu einem Großteil aus Mais und anderen Einjahrespflanzen bestehen und damit bis zu 30% leichter sind als herkömmliche Spanplatten – selbstverständlich bei gleichbleibender Stabilität und Verarbeitungsqualität.
Die BioBoard-Platten sind PEFC-zertifiziert und stammen daher aus forstwirtschaftlich nachhaltigem Anbau. Ihr leichtes Gewicht reduziert den CO2-Ausstoß beim Transport und lässt die Platten mühelos montieren. Zeitgleich können rund 37% Holz eingespart werden, was wiederum den Waldbestand schützt. Am Ende ihres Lebenszyklus sind BioBoard-Platten zu 100% recycelbar – ein Umstand, der womöglich nicht auf alle Hausboot-Überreste von Gunter Gabriel zugetroffen sein mag.
Das Hausboot als Eventlocation: ab sofort buchbar
Ab sofort also alles im Lot aufm Boot? Das aufgemöbelte Hausboot von Olli Schulz und Fynn Kliemann erinnert nach drei Jahren voller nervenaufreibender Umbauarbeiten nun endlich an einen wohnlichen Rückzugsort mit Eventcharakter, der sowohl für private Partys als auch als Tonstudio von jungen Bands gebucht werden kann.
Vom „Scheißhaufen“ zum schwimmenden Kreativquartier: beides auf seine Weise nachhaltig. Aber jetzt eindeutig schöner.
„Das Hausboot“ als Doku-Soap auf Netflix
Für das spannende Hausboot-Projekt haben Olli Schulz und Fynn Kliemann prominente mediale Unterstützung gefunden: der Streaming-Dienst Netflix begleitete das Duo 2020 beim aufwändigen Aus- und Umbau des Hausboots im Harburger Hafen. Stress, Ängste, Unsicherheit und die beflügelnde Gewissheit, hier etwas ganz Großes draus machen zu können, werden von der mehrteiligen Dokureihe ebenso eingefangen wie die Handwerkerarbeiten auf dem Schiff.
Auch der Einbau der Schiffsküche vom Studio StockWerk-Küchen wird zu sehen sein. Brett für Brett nimmt die dunkle Holzküche von Rotpunkt Form an – natürlich nicht, ohne vor Ort die ein oder anderen Hindernisse zu überwinden. Eine Schiffsküche baut man schließlich nicht jeden Tag ein!
Alle Folgen der Mini-Serie „Das Hausboot“ sind auf Netflix abrufbar.
>>> Dieser Artikel wurde am 06.11.2020 veröffentlicht und am 09.03.2021 sowie am 14.07.2022 upgedated.