Auch wenn eine Küche mit Dachschräge kreativ und charmant wirkt, eilt ihr in der Praxis ein schlechter Ruf voraus – zu Unrecht, wie Küchen-Profi Marc Boehlkau findet. Vorausgesetzt, man beachtet einige wesentliche Punkte.
Ganz schön schräg: Dachküchen mit besonderem Charme
Küchen mit Dachschrägen polarisieren: Sie strahlen Wärme und Behaglichkeit aus, sagen die einen. Sie engen ein und wirken drückend, meinen die anderen. Ganz gleich, zu welchem Team man gehört: Küchen im Dachgeschoss sind eher selten und strahlen deshalb eine gewisse Einzigartigkeit und Spannung aus. Damit sie aber tatsächlich ihren ganzen Charakter entfalten können, gibt es wichtige Dinge zu beachten.
Dabei mag der ein oder andere DIY-Tipp bei Kleinigkeiten durchaus hilfreich sein, jedoch empfiehlt sich bei einer Küche mit Dachschräge definitiv der Gang zum Profi. „Gerade Dachküchen bergen Stolperfallen, die für Laien auf den ersten Blick nicht sichtbar sind“, sagt auch Marc Boehlkau, der als Inhaber des Studios „Die Küche Marc Boehlkau“ in Freiburg schon einige Einbauküchen mit Schrägen geplant hat. Wir haben den Experten gefragt: Worauf kommt es bei einer funktional durchdachten und dennoch optisch ansprechenden Planung an?
Dachgeschosswohnung: Die verschiedenen Formen
Wer einen Raum im Dachgeschoss plant, wird eher früher als später auf die Begriffe „Drempel“ und „Kniestock“ stoßen. Und obwohl weder der Duden noch das Standardwerk „Bildwörterbuch der Architektur“ zwischen diesen Begriffen unterscheidet, hat sich in der Praxis folgende Differenzierung durchgesetzt:
- „Drempel“: Die Dachschrägen reichen bis zum Boden.
- „Kniestock“: Die Dachschrägen liegen auf einer erhöhten Außenwand und beginnen erst etwa in Kniehöhe.
Die Faustregel: Je höher der Kniestock, desto einfacher lassen sich Küchenschränke und Arbeitsfläche an der Dachschräge anbringen. Experten-Tipp: Wenn Unterschränke nicht möglich sind, kann der Platz unter der Neigung dennoch genutzt werden – zum Beispiel für eine kleine Sitzecke, ein niedriges Sideboard (ein sogenanntes Low-Board) oder eine hübsche Aufbewahrungstruhe.
Küche mit Dachschräge: Vor- und Nachteile
Zugegeben: Wer sich in einem eher funktionalen Raum wie der Küche für eine Dachschräge entscheidet, hat oftmals aufgrund des Grundrisses keine andere Wahl. Und doch haben Dachküchen einen ganz besonderen Charakter. Durch die verschiedenen Winkel wirken sie wie ein gemütliches Nest mit behaglicher Atmosphäre. Große Dachfenster lassen zudem viel Licht herein – und bieten häufig einen traumhaften Blick über Stadt und Land.
„Und auch die Nachteile halten sich in Grenzen – sofern eine geschickte Planung das Optimum an Komfort und Optik herausholt. Die Anforderungen mögen etwas komplexer sein als bei einer Küche ohne Dachschräge, aber mit genügend Erfahrung gibt es für jeden noch so verwinkelten Küchenraum smarte Lösungen, die ästhetisch und praktisch zugleich sind“, bestätigt Experte Marc Boehlkau.
Dachküchen: Welche Form eignet sich?
Häufig werden Dachgeschosswohnungen als offene Raumkonzepte angelegt, um die schrägen Decken optisch auszugleichen. „Wer sich dennoch eine gewisse Abgrenzung zwischen Koch- und Wohnbereich wünscht, sollte über eine Insel oder Halbinsel nachdenken – natürlich nur, wenn es die Raummaße zulassen“, rät Marc Boehlkau. Eine Halbinsel ließe sich zum Beispiel gut realisieren, wenn bei einer Küche in L- oder U-Form die längere Seite in den Raum hineinragt.
Der Vorteil: Die Insel-Fläche bietet zusätzlichen Platz für Kochfeld oder Spüle. „Zu beachten ist allerdings, dass dafür auch die Wasser- und Stromanschlüsse in die Mitte des Raumes verlegt werden müssen“, ergänzt der Fachmann. Ist das nicht möglich, bietet eine Insel immerhin zusätzliche Arbeitsfläche sowie Stauraum – und ist von allen Seiten leicht zugänglich.
Experten-Tipp: Hat die Küche neben vielen Dachschrägen auch eine gerade Wand, sollte man diese geschickt in die zukünftige Küchenform einbeziehen: „Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, den Kühlschrank an einer geraden Wand einzuplanen. Andere Elektrogeräte, wie etwa der Backofen, lassen sich oftmals auch unter der Arbeitsplatte einbauen, bei einem Kühlgerät würde man dafür aber auf sehr viel Platz zum Lagern von Lebensmitteln verzichten“, so Marc Boehlkau.
Ist eine Kücheninsel, eine L- oder U-Form aufgrund der Größe nicht realisierbar, hängt die Planung der einzelnen Elemente stark vom jeweiligen Raum ab. Entscheidend ist beispielsweise, wie stark die Dachneigung ist und wie hoch der Kniestock.
Welcher Stil passt zu einer Küche mit Dachschräge?
Eines vorweg: Die Einrichtung sollte in erster Linie eine Frage des persönlichen Geschmacks sein. Ist man sich bei der Entscheidung des Interior-Stils allerdings noch etwas unsicher, kann folgende Überlegung helfen: Da eine Küche mit Dachschräge bereits dynamischer wirkt als ein Kochraum ohne schräge Wände, ist es für das Auge oft beruhigend, wenn die übrige Einrichtung etwas zurückhaltender gestaltet ist.
So schafft beispielsweise eine helle, moderne Küche ohne verspielte Elemente eine wunderbare Verbindung zu den Neigungen und Balken. Aber auch ein schlichter Landhausstil, der vermeintliche Holzelemente gekonnt aufgreift, kann sehr harmonisch wirken. Kontrastreich hingegen wirkt eine Küche mit wenigen, aber ausdrucksstarken Akzenten, wie Edelstahl-Fronten oder Griffen in elegantem Schwarz. Bei einer offenen Wohnküche gilt natürlich: Der Stil sollte zur restlichen Einrichtung passen.
Küche mit Dachschrägen: Wie platziert man die Arbeitsfläche idealerweise?
„Viele unterschätzen, wie entscheidend die Kopffreiheit in einer Küche mit Dachschräge ist“, warnt der Experte, denn: „Das Standardmaß für die Arbeitsplattentiefe beträgt 60 Zentimeter. Das reicht aber in Dachküchen aufgrund der Kniestockhöhe oft nicht aus. Man kann vielleicht gerade noch aufrecht sehen – aber an ergonomisches Kochen und Zubereiten ist kaum zu denken.“
So müsse man im Alltag also ständig aufpassen, sich nicht den Kopf an der Schräge zu stoßen. „Eine umsichtige Beratung im Küchenstudio oder beim Schreiner ist hier äußerst hilfreich. Ein Profi kann die Tiefe der Arbeitsplatte individuell verändern – z.B. auf 80 bis 90 Zentimeter – um bequem und ohne Beulen kochen zu können“, ergänzt Marc Boehlkau. Und die XXL-Tiefe birgt einen weiteren Vorteil: Auch die Unterschränke erhalten automatisch mehr Tiefe und bieten damit mehr Stauraum.
Dachküche: Wo ist der perfekte Platz für einen Dunstabzug?
Befinden sich direkt über dem Kochfeld Dachfenster, können diese durchaus als „Abzugshaube“ fungieren. Sind die Fenster aber zu klein – oder sitzen an der falschen Stelle – ist eine ausreichende Belüftung immens wichtig, denn vor allem an schrägen Wänden kann sich die beim Kochen aufsteigende Feuchtigkeit schnell niederschlagen.
Doch kann man eine klassische Dunstabzugshaube in einer Küche mit Dachschräge anbringen? Das geht durchaus! Die Voraussetzung ist allerdings, dass die Schrägen einen größeren Winkel aufweisen. „Ist das Kochfeld in einen Küchenblock integriert, kann man auch eine Inselhaube wählen. Liegt die Kochstelle aber direkt vor einer Schräge mit flachem Winkel, wird es mit einer herkömmlichen Dunstabzugshaube tatsächlich schwierig“, weiß der Profi.
Experten-Tipp: Eine gute Alternative ist dann ein Kochfeld mit integriertem Dunstabzug. „Diese sogenannten Muldenlüfter ziehen die aufsteigenden Dämpfe nach unten ab und halten so den Platz an der Wand beziehungsweise Schräge frei“, so Marc Boehlkau. Zudem sehen sie schick aus und fügen sich nahtlos in jeden Küchenstil nahtlos ein.
Wie schafft man genügend Platz und Stauraum?
Gibt es im Küchenraum keine einzige gerade Wand, sind klassische Hängeschränke in der Regel nicht möglich. Das muss aber nicht zu Lasten des Stauraums gehen. Eine Möglichkeit besteht darin, die Ober- und Hochschränken so abzustufen, dass sie bündig mit der Wand abschließen. Hierbei sollte man sich unbedingt von einem Küchenprofi beraten lassen, um wirklich jede Ecke optimal auszunutzen.
Wem eine Maßanfertigung zu kostspielig ist, der kann über passende Wandregale oder auch einzelne Regalböden nachdenken. Individuell zugeschnitten, können diese ebenfalls bis an die Schräge reichen und eignen sich perfekt für Gewürze, Becher oder Kräutertöpfe. Clevere Organisationslösungen direkt vom Hersteller, beispielsweise Tablar-Auszüge, extra tiefe Eckschränke oder Türregale, sind eine ideale Ergänzung und bieten genügend Platz für Töpfe, Pfannen, Geschirr und Co.
Experten-Tipp: Gerade in Räumen mit Schrägen schleichen sich schnell Flüchtigkeitsfehler ein – und das kann schon bei so etwas „Banalem“ wie der Tür beginnen. „Man muss darauf achten, dass man den Türanschlag eines Oberschranks entgegen der Dachschräge oder mit genügend Abstand nach oben plant. Das ist extrem wichtig, denn sonst stößt die Tür an die Dachschräge und lässt sich nicht richtig öffnen“, weiß Experte Marc Boehlkau. Hier zeigt sich wieder einmal, dass sich bei Küchen mit Dachschrägen ein Besuch beim Profi lohnt – denn solche vermeintlichen Kleinigkeiten lehrt erst die Erfahrung.
Wie sieht die richtige Beleuchtung bei einer Küche mit Dachschräge aus?
Da Dachgeschosswohnungen oft viele oder große Fenster haben, fällt reichlich natürliches Licht in den Küchenraum. Das schafft nicht nur eine freundliche, offene Atmosphäre, sondern ermöglicht auch das Spiel mit dunkleren Farben und Materialien an Wänden oder Fronten, wie Moosgrün, Aubergine oder dunklem Holz.
Experten-Tipp: „Wenn das einfallende Tageslicht nicht ausreicht, helfen verstellbare Lichtspots. Sie sorgen für eine optimale Ausleuchtung der Arbeitsfläche und beeinträchtigen im Gegensatz zu Pendelleuchten nicht die Kopffreiheit. Wer dennoch nicht auf hängende Leuchten verzichten möchte, sollte diese besser über dem Esstisch platzieren“, sagt Marc Boehlkau.
Fazit: Küche mit Schrägen statt schräger Küche
„Der Planungsaufwand für eine Küche mit Dachschräge ist natürlich höher als bei einem rechteckigen Raum mit geraden Wänden. Hier ist die Kreativität der Fachleute gefragt. Denn mit Erfahrung, Geduld und dem Mut, auch mal sprichwörtlich um die Ecke zu denken, lässt sich ein wahres Küchen-Highlight realisieren“, resümiert Marc Boehlkau.
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