Nachhaltigkeit in der Küche: Trinkbecher aus Milchproteinen

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Innovationen können auch aus Altem entstehen – und so den Weg zu Nachhaltigkeit in der Küche ebnen. Ihr neuer Küchenstuhl, beispielsweise, könnte aus Ihrem alten Fahrrad gemacht sein. Klingt komisch, sieht aber tatsächlich gut aus – und würde Ihnen viele Punkte auf Ihrem Karmakonto bringen, weil Sie damit die Umwelt schonen und bereits bestehende Ressourcen nutzen könnten.

Nachhaltigkeit auf der Messe Interzum in Köln

Der Vorschlag selbst kommt von der Agentur Formsitz Design aus Gütersloh und wurde im Rahmen der Sonderausstellung „Innovation of Interior – From Upcycling to Biofabrication“ auf der Messe Interzum für Möbelfertigung und Innenausbau im Mai in Köln vorgestellt. Dort wurde unter der Leitung von Dr. Sascha Peters, Materialexperte und Gründer der Berliner Agentur Haute Innovation, der Umgang mit vorhandenen Industrie-Ressourcen und das Hinwenden zu geschlossenen Wertstoffkreisläufen diskutiert. Das Mantra: Weg vom Verbrauch, hin zum (Wieder-)Gebrauch. 

Die Sonderausstellung will daran erinnern, dass wir Menschen nicht nur nachhaltiger mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen der Erde umgehen sollten, sondern sogar müssen. Sie zeigt Objekte, die aus Abfällen oder alten, gebrauchten Materialien erzeugt wurden und unterstreicht, das Innovationen und Kreativität sich nicht an der Art des Materials bemessen. Doch wie erreicht man Nachhaltigkeit in der Küche?

Eddi, das ist ein Küchenstuhl mit der berühmten Formsitz-Schale - und einem alten Fahrradgestell als Bein. (Foto: Formsitz Design)
Eddi, das ist ein Küchenstuhl mit der berühmten Formsitz-Schale – und einem alten Fahrradgestell als Bein. (Foto: Formsitz Design)

EDDI: Ein Stuhl mit Fahrradgestell

Was kaputt ist, lässt sich reparieren, was alt ist, lässt sich neu verwerten. Dass dabei auch abwegig erscheinende Abfallprodukte durchaus eine nützliche Rolle spielen können, zeigen die Entwürfe einiger ambitionierter Designer und Hersteller, die ihre Exponate zum Teil bereits verkaufen.

EDDI, der (Küchen-)Stuhl mit Fahrradgestell, ist nur ein Teil davon. Er setzt sich zusammen aus dem bekannten Design der FORMSITZ-Schale, die nach orthopädischen Vorgaben gefertigt wird, und dem Rahmen eines beliebigen Fahrrads, der als Stuhlbein dann noch ein paar Jahre vor sich hat. Fahrradfreunde dürfen auch ihr eigenes Rad einschicken und sich so ein individuelles Liebhaberstück herstellen lassen.

Ein niederländisches Designstudio verarbeitet Polyethylen-Abfall zu Beistelltischen, Obstschalen, Kerzenhaltern uvm. - das zeugt gleichermaßen von Kreativität und Nachhaltigkeit in der Küche. (Foto: Thier&vanDaalen)
Ein niederländisches Designstudio verarbeitet Polyethylen-Abfall zu Beistelltischen, Obstschalen, Kerzenhaltern uvm. – das zeugt gleichermaßen von Kreativität und Nachhaltigkeit in der Küche. (Foto: Thier&vanDaalen)

Ein Tisch aus Polyethylen – und Trinkbecher aus Milchproteinen

Ein weiterer Versuch, Nachhaltigkeit in der Küche zu fördern, ist der „Black & White Coffee Table“ vom niederländischen Studio Thier&VanDaalen aus Eindhoven, die mit einer ganzen Kollektion „the Plastic Mine“ recyceltes Polyethylen zu Alltagsgegenständen verbauen. Das aus einer Plastikröhrenfabrik stammende Polyethylen würde normalerweise in den Abfall wandern, bekommt so aber noch eine 2. Chance als Beistelltisch, Schale oder Sitzbank.

Eine der ungewöhnlichsten Ideen stammt wiederum aus London: Hier hat die Designerin Tessa Silva-Dawson Milchproteine, die aus Überschüssen der Milchindustrie gewonnen werden, einen Biokunststoff entwickelt, der wie herkömmliches Thermoplast eingesetzt werden kann. Der Casein-Kunststoff wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt, fristete aber bisher eher ein Dasein als Knopf, Schirmgriff oder Schmuckdose.

Silva-Dawson entwickelt nun daraus bunt gemusterte, glänzende Trinkbecher, Schalen und Vasen, die energiearm und ohne Verwendung von Rohöl produziert werden und so der Überproduktion bei gleichzeitiger Ressourcenknappheit Rechnung tragen. Besser könnte sich der Kreislauf für mehr Nachhaltigkeit in der Küche nicht schließen.

Biobaumwoll-Fäden müssen nicht weggekehrt werden. Sie lassen sich mithilfe heutiger Technik zu standfesten Schalen entwickeln. (Foto: Krupka Stieghan)
Biobaumwoll-Fäden müssen nicht weggekehrt werden. Sie lassen sich mithilfe heutiger Technik zu standfesten Schalen entwickeln. (Foto: Krupka Stieghan)

Biobaumwolle, Altpapier, Zucker: Abseits der Norm denken

Weitere Produkte, die auf der „Innovation of Interior“-Messe ausgestellt wurden, sind beispielsweise Schüsseln und Schalen aus Restfasern der Baumwollindustrie, wie es das Berliner Designstudio krupka-stieghan produziert, Hocker und Stühle aus gepresstem Altpapier von Sandra Böhm, Sitzbänke aus ausgedienten Rolltreppen von Michael Hensel oder der „Goody Stool“ aus klebrigem Zucker von Diana Drewes, der in Zusammenarbeit mit einer Berliner Bonbonfabrik entstanden ist und die Konsumgier des Menschen konterkariert, gleichzeitig aber eine nachhaltige Lösung mit Augenzwinkern anbietet.

Bedeutende Küchenhersteller wie Valcucine, LEICHT und Rotpunkt-Küchen arbeiten bereits an umweltfreundlichen Küchen, die PEFC-zertifiziert sind, mit nachhaltigen Materialien arbeiten oder sogar - wie die hier abgebildete Glasküche aus dem Hause Valcucine - zu 100% recycelbar sind. (Foto: Valcucine)
Bedeutende Küchenhersteller wie Valcucine, LEICHT und Rotpunkt-Küchen arbeiten bereits an umweltfreundlichen Küchen, die PEFC-zertifiziert sind, mit nachhaltigen Materialien arbeiten oder sogar – wie die hier abgebildete Glasküche aus dem Hause Valcucine – zu 100% recycelbar sind. (Foto: Valcucine)

Nachhaltigkeit in der Küche: Einige Hersteller tun etwas

Der Weg zur Nachhaltigkeit in der Küche, in der Luxus und Funktionalität immer größer geschrieben werden, ist kein einfacher – aber ein machbarer. Gerätehersteller spezialisieren sich auf einen reduzierten Energieverbrauch ihrer Backöfen, Kurzwaschgängen bei Spülmaschinen und einen Dunstabzug, der nur soviel abzieht, wie Kochleistung erbracht wird.

Hersteller hochwertiger Küchen haben den Geist der Stunde ebenfalls erkannt und bemühen sich, Innovation auch als eine Frage von Nachhaltigkeit zu sehen. Valcucine bietet dafür zu 100% recycelbare Glasküchen an und Rotpunkt gestaltet Küchen aus Bioboard, also ökologisch nachwachsenden Rohstoffen, die energiearm bearbeitet werden und ohne Schadstoffe auskommen.

Wer also über eine neue Küche nachdenkt, kann überlegen, wo für ihn die Schnittstelle zwischen Luxus, Innovation und Nachhaltigkeit liegt. In der Küche ist der Schritt in Richtung Zukunft bereits getan – mit saurer Milch. Wer hätte das gedacht.

Susanne Maerzke
Susanne Maerzke
Kochen ist Lebensfreude, Zeit mit Freunden, Belohnung, Versöhnung, Hobby und Genuss. Auch unsere Redakteurin sieht die Küche als das Herzstück der Wohnung – schließlich endet jede gute Party zurecht in der Küche neben den letzten Käsehäppchen und einem Glas Wein. Es lohnt sich also definitiv, sein Augenmerk auf die Ausstattung der Küche zu richten und mal bei den neuesten Trends, Geräten und Designern nachzuhaken: auch als Gesprächsgrundlage für die nächste Feier.

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