SieMatic gilt als einer der ältesten und bekanntesten Luxusküchenhersteller Deutschlands. Dennoch sucht das Unternehmen gerade nach einer neuen Identität. 2021 soll der Transfer von der reinen Produktmarke hin zu SieMatic als Lifestyle-Marke erfolgen. Das ist spannend, weil der Weg vorwiegend digital bestritten wird – und doch: verglichen mit anderen Herstellern auf dem Küchenmarkt ist SieMatic spät dran.
Was wir derzeit im Küchen- und Möbelfachhandel erleben, könnte geradezu als gesellschaftlich bedeutsam bezeichnet werden. Es ist der Trend zum raumübergreifenden Planen und die Entwicklung von Küchenherstellern zu Komplettausstattern. Viel mehr noch aber ist es der Wandel zum „alles aus einer Hand“-Kauf, welchen Kunden zunehmend bequem und lösungsorientiert tätigen können – mit einem Ansprechpartner und perfektem Zeitmanagement.

Arbeitsteilung war früher? Die Rückkehr zum all-in-one-Anbieter
Das Spannende daran ist, dass die Geschichte sich wiederholt: vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert galt es als notwendig, bestimmte Produkte aus einer Hand zu beziehen, egal, wie gut der Handwerker einzelne Teilbereiche seines Berufes beherrschte und wie lange die Fertigung dauerte. Erst mit Einsetzen des Maschinenzeitalters kam es zur heute selbstverständlichen Arbeitsteilung, bei der verschiedene Schritte bis zum fertigen Endprodukt aufgeteilt werden. Beispiel Schmied: hier erfolgte die Spezialisierung in Hufschmied, Nagelschmied etc. Das Ergebnis? Eine schnellere und qualitativ bessere Produktion, weil jeder eben nur das tat, was er gut konnte.
Warum dieser Geschichtsexkurs? Nun, weil sich der Prozess gerade zunehmend ins Gegenteil verkehrt. Im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung gestalten große Firmen für ein ganz bestimmtes Produkt immer mehr Bereiche unseres Lebens übergreifend mit. Ein Handy ist nicht mehr nur ein mobiles Telefon, es ist auch Kamera, Notizheft, Waage, Werkzeug, Lexikon und PC mit Zugang zur Internetwelt in einem.

Aus Küchenherstellern werden Wohn-, Bad- und Raumplaner
Gleiches lässt sich in der Welt der Einrichtung beobachten. Bestimmte bislang das Zusammenspiel aus Küchenherstellern, Möbelmanufakturen und Architekten das Bild einer hochwertigen Inneneinrichtung, so gehen immer öfter Impulse vom Einzelhersteller aus, all diese Aufgaben in einem zu übernehmen.
Jüngstes und sehr prominentes Beispiel aus der Küchenszene ist SieMatic, die Luxusküchenmarke aus Löhne in Ostwestfalen, deren neue Eigentümer nun einen Kurswechsel von der „Produktmarke hin zur Lifestylemarke“ verkündet haben. Damit möchte SieMatic stärker in die Lebensrealität digitaler Bildungsbürger vorstoßen – und nicht nur bei der Küchen-, sondern auch der Produktplanung drumherum mitreden.

SieMatic als Lifestyle-Marke: folgt dem Beispiel von bulthaup, LEICHT und eggersmann
Konkret lässt SieMatic, bisher als Luxusmanufaktur für Küchen gehandelt, noch offen, wie die neue Strategie aussehen soll, um künftig – in eigenen Worten – eine „herausragende Lifestyle-Marke [abzubilden], die die Zeichen der Zeit nicht nur erkennt, sondern antritt, sie wieder maßgeblich mitzuprägen“. Klar ist: Ein solches Zeichen ist dringend notwendig. Schon andere Küchenhersteller haben in den vergangenen Jahren kräftig in die Ausdehnung ihrer Zuständigkeitsbereiche investiert. Europas größter Küchenhersteller nobilia bietet seit knapp zwei Jahren zusätzlich Wohn-, Bad- und Garderobenmöbel an. Designküchen-Produzent LEICHT ruft gar seinen „Wandel zur Architekturmarke“ aus, mit der neben Küchenräumen auch begehbare Ankleiden und visionäre Raumkonzepte umgesetzt werden können. Und selbst bulthaup, SieMatics schärfster Konkurrent im Premiumküchensegment und enorm bedacht auf jeden Schritt abseits des minimalistischen Firmen-Images, hat mit bulthaup b solitaire bereits eine Tisch- und Schrankmöbelkollektion lanciert.

Firmeninterne Schlagzeilen statt Positionierung im Möbelmarkt: SieMatics schwierige Transformation
Es ist nicht so, dass SieMatic sich in der Vergangenheit nicht um die Erweiterung seines Küchenraums hin zum offenen Wohnraum bemüht hätte. Verglaste und hochwertig illuminierte Vitrinenschränke und Sideboards, die auch als Übergang zum Wohnbereich genutzt werden können, zeugen davon. Was bislang gänzlich fehlt, ist eine Erweiterung des Kernspektrums Küche in Richtung eines Vollsortiments, das die gehobene Klasse und Qualität der SieMatic-Produkte auch in andere Räume des Hauses transportiert.
Hinzu kommt, dass das Unternehmen mit der stolzen Historie in letzter Zeit eher mit firmeninternen Schlagzeilen von sich reden machte. Der komplette Rückzug der Inhaberfamilie Siekmann hat dem Image der Premiummarke einen Knacks zugefügt, das von sich selbst lange Zeit als „Familienbetrieb in 3. Generation“ sprach – trotz einer veritablen Größe und einem Anteilsverkauf des Unternehmens an chinesische Investoren. 2020 wurde SieMatic schließlich gänzlich vom Großinvestor Zugen Ni übernommen. Ein zeitgleicher Geschäftsführer-Wechsel von der Familie Siekmann – mit Ulrich W. Siekmann an der Spitze – zum neuen CEO Hanjo Runde soll eine neue Ära für SieMatic-Küchen einläuten.

So charakterisiert sich SieMatic als Lifestyle-Marke: digital, innovativ, elegant
Man kann durchaus erahnen, wie sich SieMatic als Lifestyle-Marke etablieren möchte und wohin die Reise geht: zumindest die Firmenkommunikation verlagert sich bereits kräftig ins Digitale. Setzten die großen deutschen Luxusküchenhersteller bislang auf ihre historische Strahlkraft und eine gesteigerten Nachfrage dank Verknappung, buhlt SieMatic nun offensiv um den Endkunden auf seiner Homepage. Digitale Broschüren, Chat-Angebote zur Klärung von Fragen, ein Online-Bogen zur Bestimmung des Küchenstils und ein virtueller 360°C-Rundgang wenden sich an die künftige Zielgruppe, die sogenannte „Creative Class“. Nicht aus den Augen verlieren möchte SieMatic seinen Ruf der Eleganz und gehobenen Qualität – aber bitteschön alles etwas moderner.
Das kommt spät, aber da die gesamte Küchenbranche der Digitalisierung etwas hinterherhinkt, möglicherweise nicht zu spät. Der entscheidende Vorteil von SieMatic als neue Lifestyle-Marke ist, dass das Unternehmen nicht zaghaft einzelne Kanäle bespielt und testet, was sich gut trägt. Es ist vielmehr ein Wandel um die eigene Achse, für den sehr viel Geld in die Hand genommen wird. Die Modernisierung der Marke soll an allen Berührungspunkten der Customer Journey erlebbar werden. Hierfür investiert das Unternehmen SieMatic im Wandel zur Lifestyle-Marke in hochwertigste Bilder und raffinierte Technik.

Der Endkunde von SieMatic als Lifestyle-Marke: ein ganz bestimmter Käufertyp
Was erwartet den Endkunden, der künftig an SieMatic als Küchen-, pardon, Lifestyle-Marke interessiert ist? Ein Millioneninvestment in neue Fertigungsanlagen am Standort Löhne, Ostwestfalen, lässt vermuten, dass SieMatic künftig nicht nur Küchen-, sondern auch Wohnmöbel und Accessoires im Programm hat. Die Marke soll zum Synonym eines bestimmten Lifestyles werden, der mutmaßlich mit der Lust am Reisen, exquisitem Essen, Geld für Luxus und Bewusstsein für Werte einhergeht.
Erste digitale Plakatkampagnen für die Etablierung SieMatics als Lifestyle-Marke verheißen den Slogan „Gleaming with inspiration“ (zu Dt.: Glimmende Inspiration). Es ist der Beginn eines neuen Zeitabschnitts für die Marke SieMatic. Es bleibt abzuwarten, ob das Feuer überspringt.


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