Das „User Interface Design“ in der Küche: Intuitive Bedienung

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Eine hochspannende Angelegenheit: Damit uns Vorgänge an Kochfeld oder Backofen leicht von der Hand gehen, müssen Produktentwickler und Designerinnen zuvor erforschen, was Menschen als intuitiv und gut verständlich empfinden – und was nicht. Wir haben zwei Experten von NEFF gefragt, wie Sprache, Bilder und Lichtsignale als Teil des „User Interface Design“ zum Bedienen des Backofens beitragen – und warum der Bedienknebel trotz intelligenter TFT-Displays weiterhin von Bedeutung ist.

Springen Sie hier direkt vor zum Interview.

Das User Interface Design: Bedienschnittstelle am Einbaugerät

„Alles ist Design.“ Der Grundsatz des Bauhausstils klingt reichlich abstrakt – und offenbart sich bei genauerem Hinsehen doch täglich in unserem Alltag. Wer morgens in seine Pantoffel schlüpft, eine Zahnbürste zur Hand nimmt oder auf seinem Stuhl am Frühstückstisch Platz nimmt, ist in dieser kurzen Zeitspanne schon unzähligen Designobjekten begegnet. Selbst vermeintlich profane Produkte werden im Einklang von Optik und Funktionalität entwickelt. Die Komplexität dieses Schaffens zeigt sich nicht nur darin, dass wir Gegenstände als schön oder nützlich empfinden, sondern auch intuitiv damit umzugehen wissen: „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ließe sich mit nahezu jedem Haushaltsgegenstand spielen.

Unsichtbar bleiben dabei jene Testläufe und Gedanken, die sich Produktentwickler und -testerinnen rund um die Bedienbarkeit des Objekts gemacht haben. Die hört bei Tasten, Symbolen und Zahlen, wie sie bei Einbaugeräten in der Küche vorkommen, nicht auf: Auch die optimale Nutzeransprache, eine Bildwelt mit Wiedererkennungswert oder Töne, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort erklingen, sind Teil von Grafik- und Produktentwicklung. Die Schlüsselbegriffe lauten: „User Interface Design“ (UI) und „User Experience“ (UX).

„UI/UX“ bei NEFF: Intuitiv dank Twist Pad Flex®

Mit Benutzeroberflächen kennt sich Tobias Schmidt aus, mehr noch: Er entwickelt sie gemeinsam mit seinem Team beständig weiter, um Kundinnen und Kunden der Haushaltsgerätemarke NEFF die bestmögliche Interaktion mit Backofen, Kochfeld oder Kaffeemaschine zu ermöglichen. Die neue NEFF Collection, die der Geräteproduzent im Herbst 2023 zusammen mit einem umfangreichen Marken-Relaunch erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, dürfte dabei eine der größten Herausforderungen in Tobias Schmidts bisheriger Laufbahn als „User Interface Designer“ gewesen sein: Erstmals ermöglicht NEFF als Küchengerätehersteller damit nämlich die funktionsübergreifende Steuerung seiner Produkte mit nur einem einzigen Bedienknebel – dem neuen Twist Pad Flex®.

Ein Bedienknebel – verschiedene Küchengeräte

Der runde Knebel ist bereits seit vielen Jahren Bestandteil des NEFF-Geräteportfolios. Bislang kam das magnetische Steuerungselement allerdings lediglich bei Kochfeldern zum Einsatz, um die gewünschte Zone oder Gradzahl mithilfe des drehbaren „TwistPads“ – so die frühere Bezeichnung – einzustellen.

Das intuitive „Touch & Twist“-Konzept bietet NEFF nun auch für seine Premium-Backöfen der NEFF-Collection sowie ausgewählte Einbaukaffeevollautomaten an: Hier lässt sich ein- und dasselbe Twist Pad Flex® anbringen – und wird sofort als Bedienknebel vom jeweiligen Gerät erkannt. Andocken und loslegen: Das klingt so einfach wie genial.

Doch wann ist eine Steuerung wirklich „intuitiv“, wie werden Testpersonen für neue Geräte gecastet – und was hat die finnische Sprache mit einem Produktentwicklerteam in München zu tun? Wir haben Tobias Schmidt als Leiter der „User Interface“-Schnittstelle bei NEFF gemeinsam mit Ralf Grobleben, Vice President Design NEFF, zum Interview getroffen.

Interview mit NEFF: So wird das „User Interface Design“ entwickelt

Teil 1 – Der neue Bedienknebel Twist Pad Flex®

Küchen&Design Magazin (K&D): Immer mehr elektronische Geräte lassen sich über Touch anstelle von Tasten und Knöpfen steuern. Warum halten Sie am Bedienknebel für Kochfelder und Backöfen fest?

Tobias Schmidt (TS): Der prägnante Designknebel hat bei Neff eine lange Tradition am Kochfeld. Mittlerweile haben wir mit dem Twist Pad Flex® die 6. Generation entwickelt. Wir wollten Nutzenden den haptischen Vorteil eines Bedienelements ermöglichen, aber auch die Ästhetik einer cleanen Keramik. Ein TFT-Display lässt sich leichter reinigen, ist puristisch und durch unseren Umgang mit dem Smartphone vor allem „gelernt“. Andererseits ist die Küche auch eine Art Werkstatt, in der ich mit Flüssigkeiten hantiere oder meine Hände schmutzig mache – ein gewisser Nachteil bei Touch-Oberflächen. Daraus ist der Gedanke geboren, diese beiden Komponenten zusammenzubringen.  

Erstmalig lässt sich die neue Generation des Twist Pad Flex® sowohl bei Kochfeldern, als auch bei Backöfen und Einbaukaffeevollautomaten andocken. Was war die Idee dahinter?

Ralf Grobleben (RG): Mit der neuen NEFF Collection wollen wir einen Mehrwert für unsere Kundschaft erzeugen. Menschen haben je nach Lebenssituation unterschiedliche Bedienpräferenzen. Viele steuern sich beispielsweise via Touch schnell durch ein Menü. Will ich aber exakte Temperaturen einstellen, geht das sehr viel schneller mit einem Drehregler. Das haben wir zusammengebracht, zumal in einem Haushalt oft mehrere Personen zusammenleben.

Wie funktioniert das Andocken und Steuern auf verschiedenen Geräten technisch?

TS: Im Twist Pad Flex® sind Magnete verbaut. Unter der Gerätekeramik wiederum sitzen sogenannte „Hall-Sensoren“. Die registrieren Änderungen in einem Magnetfeld. Wenn ich also den Bedienknebel drehe oder kippe, ändern sich auch die Magnetfelder entsprechend und setzen das in eine Werteverstellung um, beispielsweise von 160°C auf 180°C.

RG: Genau das ist mitunter bei einem Touch Interface immer noch schwierig. Drehen ist einfach intuitiv.

Teil 2 – Intuitive Bedienung von Einbaugeräten: Sehen und verstehen

K&D: Ein gutes Stichwort: Wo fängt Intuition im Gerätebereich an? Viele technische Abläufe werden heutzutage als „intuitiv“ bezeichnet, sind aber nicht selten ziemlich anspruchsvoll.

TS: Eine „intuitive“ Steuerung entspricht den Erwartungen der Nutzer, die sie aus ihren bisherigen Erfahrungen heraus entwickelt haben. Wir Designer und Produktentwickler müssen uns also in den Nutzenden hineinversetzen: Welche Erkenntnisse haben Menschen bereits mit anderen User Interfaces, zum Beispiel am Handy, im Auto, am Fahrkartenschalter, gesammelt? Je besser ich das in meiner Benutzeroberfläche widerspiegele, desto leichter ist die Geräte zu bedienen. Vermeiden wollen wir unbedingt, dass Menschen frustriert sind, weil sie nicht zum Ziel kommen.

Das heißt, ein User Interface – also eine Bedienschnittstelle – muss nicht nur technisch, sondern auch optisch schnell verstanden werden?

TS: Da zählt alles rein: Buttons, Icons, Bilder, Lichtsignale, das Sounddesign. Jedes Pixel ist gestaltet. Jeder einzelne Screen ist gelayoutet. Es ist eine ungeheure Komplexität, die dahintersteckt.

RG: Hinzu kommen unzählige Abstimmungsrunden. Bei Design hat immer jemand eine Meinung. (lacht)

TS: Die Herausforderung war außerdem, die Menü- und Bilderwelt mit den verschiedenen Bedienoptionen zu ermöglichen. Ich kann die Premiumgeräte der NEFF Collection ja auch nur per Touch steuern, aber ebenso mit Bedienknebel und Touch oder nur mit zwei Bedienknebeln links und rechts. Selbst mitten im Koch- oder Backvorgang kann ich von der manuellen Steuerung aufs Twist Pad Flex® wechseln. Trotzdem müssen verschiedene Modi, also Heiz-Art oder Temperatur, dann vom Gerät beibehalten werden.

NEFF Twist Pad Flex Bedienknebel wird an Backofen befestigt
Easy going: Der Twist Pad Flex lässt sich magnetisch an die Touch-Oberfläche anklicken und wird vom Gerät sofort erkannt. (Foto: NEFF)

Wer beide Bedienknebel an den Backofen andockt, landet im vereinfachten „Classic Mode“. Hat sich Ihre Kundschaft nach dieser einfachen Bedienbarkeit zurückgesehnt?

RG: Es ist tatsächlich so, dass viele Menschen ein hochwertiges Gerät suchen, aber eben nicht diese technische Komplexität. Sie sind dankbar für alles, was an Vereinfachungen stattfindet. Hierfür wollten wir ein Angebot schaffen. Zugleich profitieren natürlich auch ältere Menschen von der vereinfachten Menüführung und Bedienung. Das ist das Schöne – und genau der Punkt, warum es „Flex“ heißt. Man muss nicht. Aber man hat die Möglichkeit.

Wie findet man heraus, was sich möglichst viele Menschen von einem Backofen- oder Kochfeld-Menü wünschen?

TS: Dafür haben wir im Vorfeld zahlreiche UI/UX-Studien und -Umfragen („user experience“, Anm. d. Red.) durchgeführt. Wir haben mit Neff-Händlern und potenziellen Neff-Käufern, aber auch völlig unbeteiligten und zufällig ausgewählten Personen gesprochen. Gemeinsam mit einer Agentur nehmen wir uns dann viel Zeit, um die passende Zielgruppe zu befragen. Und natürlich werden auch vor Ort an den Geräten Untersuchungen angestellt, wie leicht oder schwer es Menschen fällt, diese zu steuern.

Teil 3 – Die Bildwelt des „User Interface Design“: Was geht und was nicht?

K&D: Somit haben der aktuelle Bedienknebel Twist Pad Flex® und das dazugehörige „Flex Concept“ eine lange Entwicklungszeit hinter sich?

TS: Ja. Das war eine schöne, aber auch anspruchsvolle Reise. Natürlich hatten wir durch die vorherigen Generationen schon Erfahrung. Und auch die Menüstruktur beim Backofen muss nicht jedes Mal neu aufgerollt werden. Aber insgesamt arbeiten sehr viele Menschen in unterschiedlichen Teams daran, die Benutzerführung noch besser und verständlicher zu machen: Wir „Usability-Experten“, ebenso wie Kolleginnen und Kollegen von der Anwendungstechnik und aus dem User Interface Design, vom Produktmanagement oder von der Software-Entwicklung. Das nimmt, je nach Produkt, schon einen langen Zeitraum ein – aber letztendlich zündet die Begeisterung aller für das Konzept.

Wie entsteht die Bildwelt, die in einem Menü – zum Beispiel am Kaffeevollautomaten oder Backofen – zu finden ist?

TS: In einem iterativen Prozess haben wir erstmal festgelegt, welche Art von Fotos wir zeigen wollen und was zur Marke Neff passt. Dann wurden Moodboards erstellt und besprochen. Auf Basis dessen haben wir Agenturen akquiriert, mit denen wir ein Probeshooting gemacht und Angebote eingeholt haben. Schlussendlich hat eine Kollegin aus meinem Team eine Woche in einem Fotostudio verbracht, um dort gemeinsam mit den Profis sämtliche Fotos und Videos zu erstellen.

Das ist wirklich aufwändig.

TS: Ja, aber unser Anspruch. Der Kunde muss nicht immer sagen: „Das sieht toll aus.“ Wir haben auch ganz bewusst unsere Grenzen ausgetestet. Manchmal polarisiert das sogar.

Inwiefern?

TS: Über die Darstellung von Fleisch haben wir sehr viel diskutiert. Wir haben uns dagegen entschieden, echte Fotos zu zeigen – und stattdessen Gewürze ausgewählt, die zur Fleischzubereitung genutzt werden. Nicht jeder findet Hähnchenschenkel besonders ästhetisch. Nun wird Geflügel im Backofen-Menü durch Federn dargestellt. Auch das wirft Diskussionen auf. Einerseits symbolisieren sie etwas Zartes, andererseits denken einige Menschen an das Rupfen und Schlachten der Tiere. Es ist immer ein schmaler Grat zwischen Information und Emotion.

RG: Der emotionale Charakter ist nicht zu unterschätzen. Durch Bilder steuern wir die Interaktion zum Nutzer aus, sorgen für einen Wiedererkennungswert oder vermitteln Qualität. Daher muss das sorgfältig kuratiert werden. Das gilt auch für Bewegt-Content. Je nach persönlicher Präferenz und Einstellung baut sich der Milchschaum auf unserem TFT-Display am Kaffeevollautomaten unterschiedlich auf. Solche Details laden ein, sich mit dem Produkt spielerisch auseinanderzusetzen.

Teil 4 – Sprache beim „User Interface Design“ von Kücheneinbaugeräten: Emotionale Ansprache

K&D: Und welche Rolle spielt Sprache beim User Interface Design?

TS: Die Sprache ist auf jeden Fall relevant, weil man natürlich länderübergreifend denken muss. Das heißt, jeder Menüpunkt muss so entwickelt werden, dass selbst die längsten Begriffe einer Landessprache hineinpassen. In Europa sind das beispielsweise Finnisch und Griechisch. Da sind manche Wörter drei Mal so lang wie im Deutschen – und der Menü-Button muss darauf ausgelegt sein. In allen Sprachen.

Duzt oder siezt der Backofen von NEFF mich?

RG: Wir siezen unsere Kundschaft in Deutschland und wollen damit, trotz Augenhöhe, auch eine gewisse Qualität und Wertestabilität vermitteln. In anderen Ländern ist das „Du“ aber selbstverständlich geworden.

K&D: Wohin geht die Reise mit UI/UX-Design für NEFF in den kommenden Jahren?

RG: Bewegtbild ist ein großes Thema. Unsere hochauflösenden Displays können schon heute voll umfänglich Produktvideos abspielen, beispielsweise für Rezepte. Das muss technisch aber auch alles Hand und Fuß haben, weshalb wir diese Einbettung immer noch akribisch testen. Außerdem arbeiten wir am Thema Licht, Lichteffekte und Lichtsteuerung. Das ist ein wichtiger, emotionaler Baustein. Und natürlich wird Künstliche Intelligenz künftig verstärkt eine Rolle spielen.

TS: Was weitere Ideen angeht, müssen wir User Interface-Experten in die Zukunft denken. Wir sind aufgrund unserer Ausbildung und unseres breiten Erfahrungsbackgrounds darin geschult, Trends und Tendenzen früher zu antizipieren und in User Interface Lösungen umzusetzen. Das lässt sich nicht von unserer Kundschaft abfragen, weil die nötige Fantasie und Erfahrung dafür noch gar nicht da sind. Mein Lieblingsbeispiel ist das iPhone. Wenn man das Produkt fünf Jahre vor Erscheinen des ersten Modells getestet hätte, hätten alle gesagt: Was will ich damit? Das hat keine QWERTY-Tastatur. Das wäre damals undenkbar gewesen, ein Gerät zu nutzen, das nur Touch hat. Es wäre gnadenlos durchgefallen. In der Entwicklung braucht es also Menschen, die überzeugt sind von einem Produkt – und den Mut haben, das auf den Markt zu bringen.

Danke für das aufschlussreiche Gespräch!

>> Alle Details der neuen NEFF Collection zum Nachlesen finden Sie unter diesem Link.

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Tipp: Kennen Sie schon den NEFF Slide & Hide®? Der beeindruckende Backofen ist das einzige Modell auf dem Markt mit voll versenkbarer Ofentür – und überzeugt bereits seit mehr als 20 Jahren mit diesem Konzept. Alle Vorteile dieser genialen Konstruktion finden Sie bei uns im Überblick.

Susanne Maerzke
Susanne Maerzke
Kochen ist Lebensfreude, Zeit mit Freunden, Belohnung, Versöhnung, Hobby und Genuss. Auch unsere Redakteurin sieht die Küche als das Herzstück der Wohnung – schließlich endet jede gute Party zurecht in der Küche neben den letzten Käsehäppchen und einem Glas Wein. Es lohnt sich also definitiv, sein Augenmerk auf die Ausstattung der Küche zu richten und mal bei den neuesten Trends, Geräten und Designern nachzuhaken: auch als Gesprächsgrundlage für die nächste Feier.