„Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in seiner eigenen Welt“, stellte der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer einst fest. Das war im 19. Jahrhundert. Zwei Jahrhunderte später genügt das vielen Menschen offenbar nicht mehr: Individualität ist ein wichtiges Kriterium und soll, vom Kleidungsstil bis zur Wohneinrichtung, nach außen gekehrt werden. Menschen kaufen keine Küche mehr – sie legen sich ein Unikat zu. Mit diesem Schlüsselwort werben viele Küchenhersteller längst so inflationär, dass sich zwischen bedruckter Schichtstoffplatte und grifflosem Oberschrank ein unisonorer Gleichklang eingestellt hat.
Trends stehen einer individuellen Küche manchmal im Weg
Was zum Trend wird, ist längst im Mainstream angekommen. Eine aufgesetzte Küchenbar aus Holz: war mal cool, aber hat jetzt jeder – ob er es tatsächlich nutzt oder nicht. Beton als Material für Arbeitsplatten und Fronten: einst als schwierig verschrien, wird der Werkstoff jetzt kurzerhand als Optik kopiert und von der Kühlschrankoberfläche bis zum Spülbecken eingesetzt. Automatisierte Sprachnachrichten an die vernetzte Gerätewelt zuhause: funktionieren meistens erst im Drittversuch, weil Alexa mal wieder etwas anderes verstanden haben will oder einem das selbst gewählte Signalwort (Küchenlicht? Küchenlampe? Küchenbeleuchtung?) nicht einfällt.
Zugegeben: Trends stehen immer auch für eine Idee, die sich etabliert hat. Die zu guten Veränderungen geführt hat, wie beispielsweise der Kochfeldabzug nach unten. Niemand trauert sperrigen Dunstabzügen mit Kopfstoß-Potential hinterher, die auf Augenhöhe regelmäßig an verklebte Fettfilter und harzige Essensreste erinnert haben. Und die neue Offenheit gegenüber dem viel beschworenen Industrial Style – ein Trend, der mit der Begeisterung für Beton einhergeht – lässt selbst Traditionalisten vom ewigen Küchenweiß abrücken und Mut zur Farbe zeigen. Dennoch: mit Individualität hat das wenig zu tun.
So wird die Küche wirklich individuell: dank Schreinerei und Handarbeit
Individualität zeigt sich da, wo man seine eigenen Fußstapfen macht, anstatt in die anderer Menschen zu treten. So ähnlich hat es schon der deutsche Dichter Wilhelm Busch – übrigens auch im 19. Jahrhundert – formuliert. Das mag etwas hochgestochen klingen in Bezug auf eine simple Küchenplanung, aber in der Tat ist es doch so: nicht alles, was im Trend liegt, passt auf die persönliche Lebenssituation. Und wird dennoch oft eifrig verlangt im Studio vor Ort, weil es gerade so angesagt ist.
Wir möchten Ihnen 3 simple Gedanken zur Verfügung stellen, mit denen Ihre zukünftige Küche wirklich individuell werden kann.
1 Setzen Sie auf Handwerk und Handarbeit
Viele Menschen scheuen den Gang zu Schreinerei und Fachstudio aus Furcht vor den Kosten. Tatsächlich ist die dort verrichtete Handarbeit zwar wertvoller, aber nicht unbedingt teurer als eine Küche vom Band. In einer professionellen Küchenplanung achtet der Fachmann nicht nur auf Ihre Vorlieben, sondern auch auf Ihr Budget. Sonderanfertigungen bekommen Sie von der Stange sowieso nicht – aber auch herkömmliche Küchenzeilen können mit echter Handarbeit viel besser auf Sie zugeschnitten werden.
Handarbeit betrifft übrigens nicht nur den Korpus, sondern auch die Frontgestaltung: wer dem Trend Beton oder Metall in der Küche beispielsweise folgen möchte und trotzdem ein Unikat erwartet, sollte sich die Inselfronten aus handgespachteltem Flüssigmaterial zulegen. Durch die unvorhersagbaren Farbverläufe der Materialien kann das Ergebnis tatsächlich höchst individuell werden.
2 Hinterfragen Sie Ihre eigene Lebenswirklichkeit
Klar, Naturstein sieht toll aus und ist wirklich hochwertig. Massivholz bringt den naturbelassenen Kern in Ihnen zum Ausdruck. Wenn Sie dann eben noch das nötige Kleingeld beisammen haben, fällt die Entscheidung für das jeweilige Material nicht schwer. Doch passt der gewählte Rohstoff tatsächlich zu Ihrer eigenen Lebenswirklichkeit?
Wer beispielsweise ungern putzt, sollte die Finger vom empfindlichen Werkstoff Holz lassen. Jeder Fleck, jede Flüssigkeit muss hier zügig aufgesaugt werden, um sich nicht als dauerhafter Gast zu entpuppen. Wer wiederum ein Perfektionist ist, hat mit Edelstahl nichts am Hut, so sehr das Material gegenwärtig auch „trenden“ mag. Eine Edelstahlküche wird im täglichen Arbeitsablauf stark beansprucht und über kurz oder lang Schnitte und Kratzer sehr deutlich zeigen. Sprechen die einen hierbei verträumt von einer professionellen Patina, bereuen die anderen ihre Wahl des Werkstoffs recht schnell.
Selbiges gilt übrigens für den immer wiederkehrenden Beton: kaum ein anderes Material in der Küche ist so empfindlich wie das hochgradig poröse, wasser-, säuren- und fleckenanfällige Material Beton. Wer seinen Haushalt mit kleinen Kindern oder tollpatschigen Menschen teilt, wird nicht allzulang Freude an seiner sauberen Betonfront haben – es sei denn, er freut sich über dieses Stück gelebte Küchengeschichte. Das wäre dann im Übrigen auch wirklich individuell.
Fazit: persönlich wird Ihre Küche erst dann, wenn auch das Material zu Ihnen passt – egal, ob zeitlos oder gerade „im Trend“.
3 Brauchen Sie das?
Schon klar: wenn jeder immer nur das kaufen würde, was er auch braucht, hätte der Kapitalismus ein großes Problem. Dennoch sollten Sie sich wirklich fragen, welche Geräte und Möbelstücke Sie in Ihrer zukünftigen Küche wirklich brauchen. So originell und „individuell“ Ihnen der Sous-Vide-Garer oder die Wärmeschublade vorkommen mögen: wenn Sie die teuren elektronischen Helfer nicht regelmäßig nutzen und hierfür entsprechend Zeit investieren, lohnt sich die Anschaffung der – prinzipiell tollen – Küchengeräte leider gar nicht.
Das lässt sich auch auf Möbel übertragen: manch einer wird nie auf dem Barhocker sitzen, den der Küchenfachberater so schön an die Kücheninsel gestellt hat; ein anderer bereut die offenen Schränke, die Wohnlichkeit in den Küchenraum bringen sollen, weil sich zuviel Staub ansammelt und man sowieso nur Plunder darauf ausstellt. Entledigen Sie sich von allem, das Sie nicht als absolut notwendig und komfortabel erachten. Ihre Küche wird nur das enthalten, worauf Sie individuell angewiesen sind oder es sein möchten. Damit befreien Sie sich auch von einer Reihe überflüssiger und teurer Möbel sowie piepsender elektronischer Geräte.
Fazit: so wird Ihre Küche wirklich individuell
Allen Warnungen zum Trotz: aus Fehlern lernt man, und vermutlich wird nicht der erste, sondern der zweite oder gar dritte Küchenraum der individuellste, den Sie sich zusammenstellen werden. Dann, wenn Sie verschiedene Farben und Materialien nicht nur im Küchenstudio, sondern im Alltag aus erster Hand getestet haben. Bis dahin bitten wir Sie, nicht alle Fehler der anderen Leute nachzuahmen – auch, wenn sich diese hinter dem Buzzword „Trend“ verstecken.
Wirklich hilfreiche Tipps für eine individuelle Küche finden Sie bei ausgewählten Küchenstudios. Ein Partner wartet schon ganz in der Nähe auf Sie – finden Sie ihn unter diesem Link.